■ Querspalte: Ein Präsident mit ABS
Oft genug haben wir dem ADAC Kurzsichtigkeit vorgeworfen. Doch jetzt hat er dem Exverkehrssenator und jetzigen Parlamentspräsidenten Herwig Haase (CDU) den „Goldenen Gurt“ verliehen – für Fortschritte in der Verkehrspolitik. Das ist nur gerecht. Denn schließlich hat Haase in seiner Amtszeit alles getan, um die Stadt flächendeckend autogerecht zu machen: Straßenbau, Grüne Welle, Schließung des Autobahnrings und die nonchalante Mißachtung des öffentlichen Nahverkehrs.
Alle diese Dinge erwarten wir allerdings von einem CDU- Verkehrssenator. Wirklich verdient hat sich Haase den Goldenen Gurt jedoch erst im Parlament. Denn seit er dort am Steuer sitzt, trägt er zur Verbreitung automobiler Sitten bei: Bei überhöhter Geschwindigkeit gerät ihm die Geschäftsordnung des Hohen Hauses in gefährlichen Kurven manchmal ins Schleudern. Parlamentarische Störenfriede werden geschickt mit dem Dienstwagen ausgebremst, Zwischenrufer schon mal ordentlich angehupt. Zwar fehlt ihm manchmal im Parlaments-Cockpit ohne Stadtplan ein wenig die Orientierung, aber bei sensiblen Themen zeigt sich Haase immer wieder voller Begeisterung als politischer Geisterfahrer. Schwere Unfälle sind dank der SPD- Crashtest-Dummies bisher ausgeblieben. Nein, den „Goldenen Gurt“ neiden wir unserem Parlamentspräsidenten keineswegs. Was ihm jetzt nur noch fehlt, ist ein Antiblockiersystem – und der politische Seitenaufprallschutz. Bernhard Pötter
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