piwik no script img

■ QuerspalteG. Grass schreibt Pornos

Vor 18 Jahren fand die amerikanische Filmakademie den deutschen Film – genauer gesagt: Volker Schlöndorffs „Blechtrommel“ – so schweinisch gut, daß sie einen Oscar für Oskar rausrückte. Heute finden die Justizbehörden in Oklahoma das Opus nur noch schweinisch – und lassen das Video beschlagnahmen. Weil man die Grasssche Beschreibung der pubertären Matzerathschen Sexualität und die Schlöndorffsche visuelle Umsetzung derselben nicht für Kunst hält. Sondern für obszön.

O. K., jetzt wollen wir mal ganz vorsichtig – unter Umgehung sämtlicher hochnäsigen europäischen Vorurteile gegenüber den eher ländlich strukturierten Bevölkerungsteilen in den USA – der Sache auf den Grund gehen und fragen: Wie zum Teufel kommt „Die Blechtrommel“ nach Oklahoma? Die Okies sind ja nicht gerade bekannt dafür, daß sie ihre Freizeit mit Videos von Schlöndorff, Malle oder Fellini verbringen. Viel lieber gehen sie in die „Cowboy Hall of Fame“ in Oklahoma City, um dort der Lyrik älterer Herren in breitkrempigen Hüten zu lauschen, die von der Weite der Weiden und der Treue der Pferde handelt. Trotzdem leben in Oklahoma – vermutlich als Folge von Migrationsbewegungen – inzwischen Leute, deren Kunstgeschmack sich auf „Die Blechtrommel“ ausdehnt, bei der bekanntermaßen ein paar Szenen unter der Weite der masurischen Röcke spielen. Diese kleine Minderheit hat nun die Polizei in der Wohnung und die Nachbarn auf dem Hals, deren Lippen bereits zu dem vernichtenden Urteil gespitzt sind: „Pornography“. Ganz zu schweigen von der Verschwörungstheorie, die sich nach der Entlarvung der „Blechtrommel“ jedem aufrechten Bürgermilizionär in und um Oklahoma aufdrängen muß: Nicht Timothy McVeigh, sondern Oskar Matzerath war's, der von einem schwarzen UNO- Hubschrauber aus mit einem Schrei das „Murrah“-Gebäude in Oklahoma City zusammenstürzen ließ. Unbestätigten Gerüchten zufolge hält er sich seitdem unter dem weiten Rock eines Oklahoma Cowgirls versteckt. Andrea Böhm

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen