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■ QuerspalteEine suspekte Bande

Helmut Kohl ist in, genauso wie Jan Ullrich, der „bescheidene Gigant“. Der Fußgänger steht auf Platz eins der aktuellen Trendliste des Fernsehsenders Viva und der Radfahrer einen dahinter. Darüber hinaus sind derzeit in: „sich das Rauchen abzugewöhnen“ und „die letzten Erdbeeren des Jahres zu ergattern“.

Aber warum soll Helmut Kohl, der nie wirklich out war, ausgerechnet jetzt in sein? Vielleicht, weil er ein bescheidener Gigant ist, wie das Telekom-Model? Ach was! „Auch unser Kanzler ist gegen die Rechtschreibreform“, begründet Viva seine Entscheidung. Gut zu wissen.

Die bekanntesten Gegner vor Kohl waren: Heinz-Rudolf Kunze, der aus der SPD ausgetreten ist, weil Gerhard Schröder für die Reform plädiert, ein besessener deutschnationaler Pädagoge, der wahrscheinlich sogar mit einem Panzer in die Kultusministerien brettern würde, um das „daß“ zu retten, FDP-Boß Wolfgang Gerhardt, der ja auch irgendwie auf sich aufmerksam machen muß, sowie ein paar Schriftsteller, die man sich sowieso nicht in der Nähe eines Textverarbeitungsgeräts wünscht. Eine suspekte Bande.

Trotzdem war mir die Rechtschreibreform bisher wurscht. Aber wenn's nicht mehr nur gegen Kunze und Gerhardt geht, sondern auch gegen Kohl und Viva, dessen Spiritus rector Dieter Gorny sich darüber freut, daß „52 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine Generation (heranwächst) ..., die kein Problem mit dem Begriff nationale Kultur hat“ – dann lieber doch Farbe bekennen! Getreu der Devise „Wenn die dagegen sind, bin ich dafür“, werde ich die Rechtschreibreform bis zum letzten Blutstropfen...

Aber, Moment mal. Wer ist außer mir noch mal dafür: dieser Schröder? Hm. Laut Welt am Sonntag finden auch „Ost- Lehrer“ die Reform prima, aber das hilft mir nicht weiter, denn ich kenne keine. Wie herrlich einfach ist da doch die Sache mit den „Mücken im Schlafzimmer“. Die sind out, meint Viva. Und Gerhardt, Kohl, Kunze und Schröder finden das bestimmt auch. Ich nicht! Mücken sind in! René Martens

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