■ Querspalte: Die Frau als Kopilot
Automobilausstellung, das sind nicht nur PS-Exhibitionismus und Rallyestreifenerotik. Das sind auch die vielen kleinen Dinge rund ums heilige Blechle. Etwa das virtuelle Autofahren für gefrustete Menschen im Stau. Du setzt dir den Halluzinator auf und kachelst am Kamener Kreuz mitten im zähesten Stop-and-Go plötzlich auf einer gut ausgebauten mediterranen Küstenstraße im roten Ferrari mit Tempo 250 in die Kurve. Schick! Und es beruhigt.
Nach zwei Stunden virtuellem Rasen geht's dann real auch wieder zweimeterfuffzich voran. Ganz wichtig sind Navigationssysteme. Wozu für 20 Mark den Autoatlas kaufen, wenn ich für 3.000 Mark ein elektronisches „Navi“ kriegen kann. Das schönste am Navi sind die aparten Frauenstimmen, die uns – ohne jemals „bitte“ zu sagen – die Richtung angeben: „Nach 200 Meter links abbiegen!“ „Jetzt geradeaus!“ „Die nächste Ausfahrt!“ Aber warum eigentlich Frauen? Warum müssen sie uns Männern im Befehlston sagen, wo's langgeht? Phillips hatte zuerst einen Mann und ist dann auf eine Frau gewechselt. Die anderen Hersteller hatten von Anfang an Frauen im Programm. Der japanische Anbieter Clarion überlegt, als Option auch eine Männerstimme anzubieten – „falls die Dame fährt“. Es geht also wieder mal um das Eine. Angesichts der Epidemie von Direkteinspritzern und wohlgeformten Schaltknüppeln ist das nur konsequent. Autotester, die mit den Navigationssystemen unterwegs waren, entwickelten blühende Phantasien über das Aussehen ihrer Navigatorin: „Sie ist blond, hochgewachsen, im dunkelblauen Jil-Sander-Kostüm“, träumte der Tester des Feinschmecker, und „sie hat etwas Militärisches.“
Ab März werden die Damen bei Clarion international. Wer drauf steht, kann sich die Befehle dann auf französisch hinhauchen lassen. Und irgendwann wird die Navi-Stimme justierbar sein. Sie können das Timbre wählen. Etwas mehr Madonna, eine Prise Inge Meisel und im Echo das zarte Ausschwingen von Sabine Christiansen. Manfred Kriener
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen