■ Querspalte: Flower Power
„Laßt hundert Blumen blühen und hundert Gedankenschulen miteinander wetteifern“, lautet ein alter Propagandaspruch Mao Tse-tungs. Im abgeschlossenen Nord-Korea, das zuletzt durch eine Hungersnot von sich reden machte, scheint jetzt die Natur zumindest den ersten Teil dieses Spruches zu befolgen. Im gerade begonnenen Herbst dieses Jahres 86, so die neue, nach der nordkoreanischen Staatsideologie Juche benannte Zeitrechnung, die mit der Geburt des verstorbenen Diktators Kim Il Sung beginnt, geschehen in dessen Reich wieder Wunder, glaubt man der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA.
Attestierte die Agentur dem „Großen Führer“ schon zu Lebzeiten einen direkten Draht zur Natur, so hat der sich jetzt offenbar auf seinen Sohn und Nachfolger Kim Jong Il übertragen. „Kirschbäume stehen zu einer Zeit in voller Blüte, in der sich ganz Korea über die Nachricht freut, daß Ortsgruppen der Arbeiterpartei Kim Jong Il zum neuen Parteichef vorgeschlagen haben“, so KCNA. Nein, nicht die Überschwemmungen und Dürren der letzten zwei Jahre, die für die Hungersnot verantwortlich gemacht werden, haben zur ungewöhnlichen herbstlichen Kirschblüte geführt. Vielmehr ist laut KCNA die Blüte ein Glückwunsch der Natur an die Koreaner über ihren Stolz und die Ehre, über Generationen hinweg mit großen Führern gesegnet zu sein.
Angesichts dieser Koalition von Politik und Natur stellt sich die Frage, was der dichte Smog den Menschen in Indonesien sagen will. Sind die schon seit Wochen anhaltenden Rauchschwaden vielleicht ein Wink der Natur, daß Indonesiens Diktator Suharto mit über 30 Amtsjahren vielleicht einfach viel zu lang an der Macht ist? Und was wollte uns eigentlich das Oder-Hochwasser sagen? Sven Hansen
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