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■ QuerspalteAus dem Blaulichtmilieu

Seit Monaten schreien die deutschen Vertreter der Recht- und-Ordnung-Fraktion nach sog. „New Yorker Verhältnissen“; wenn sie aber da sind, ist es ihnen auch nicht recht. Über ein „Polizei-Bordell“ ereifert sich die Bild-Zeitung und folgert entsetzt: „Bei der Berliner Polizei ist offenbar nichts mehr unmöglich.“

Dabei haben die Polizisten um den Hauptkommissar Detlef K. nur getan, was Konservative seit Jahren predigen. Statt stur den Bürokrator zu machen, zeigten sie Eigeninitiative und das sogar nach guter deutscher Sitte: Sie gründeten einen Verein. Und vergaßen auch nicht, einen Antrag auf Gemeinnützigkeit zu stellen; schließlich schufen sie einen „Ort der Begegnung zur Freizeitgestaltung“. Zwar ist „Freizeitgestaltung“ ein sehr profanes und verdruckstes Wort für das organisierte zwischenmenschliche Mit-Über-Unter-und-Durcheinander, das sich im „Pärchen-Club 27“ in Berlin-Tiergarten abgespielt haben muß, aber wer einmal einen Polizisten bei der Formulierung eines Protokolls hat bestaunen dürfen, legt an Beamte keine sprachlichen Maßstäbe mehr an. Bild aber enthüllt voll investigativ: „Der Pärchen-Klub – in Wahrheit ein gewöhnliches Bordell.“ Huch!

Geführt wurde der Klub von einem „Slato D.“, den Bild leider nicht als „Restjugoslawen“, sondern nur als „Ex-Jugoslawen“ näher definierte; Kassenprüfer aber war Hauptkommissar Detlef K. (Kuhlbrodt, komm raus, du bist umzingelt!) Und der berichtet stolz: „Die Kasse hat gestimmt.“ Das ist selten geworden im bedrohten Standort Berlin. Auch sonst waren die Polizisten, wie man so sagt, auf zack und hatten ihr Lokal in Schuß: Gewerblich gefickt wurde auf Monatskarte (120 Mark); Einsteigern wurde fürs erste Mal „ein Schnupperpreis“ (10 Mark) gewährt – ein unschönes Wort allerdings, das doch besser zu „Rudis Resterampe“ paßt.

Die Aufregung über das Gebaren im Blaulichtmilieu aber ist fehl am Platz. Denn genausowenig, wie Soldaten Mörder sind, sind Polizisten Kassenprüfer im Puff. Wiglaf Droste

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