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■ QuerspalteArschloch Kunde

Im brandenburgischen Neuruppin hat eine Bankangestellte einen Räuber auf unkonventionelle Weise in die Flucht geschlagen. „Leck mich am Arsch, du kriegst von mir nichts!“ beschied sie das finanzielle Begehren des Mannes, woraufhin der – auf unflätige Worte nicht gefaßt – errötend die Bank verließ. – Was uns das lehrt? Auch Ganoven sind sensible, der derben Worte abholde Kreaturen. Verbalinjurien können sie oft mehr verletzen als Reizgas oder bleierne Kugeln. Umgekehrt scheint manche adrette Bankangestellte mit manikürten Fingernägeln und makellosem Lidstrich eine nur mühsam unterdrückte Lust zu verspüren, im Kunden ein Arschloch zu sehen.

Was aber sollen wir künftig von dem Personal eines Kreditinstituts halten, das uns freundlich anlächelt, in Wirklichkeit aber denkt: „Na, du Schlampe, schon wieder zuviel Geld verpraßt, daß de neues brauchst?“ Oder über den Investmentberater, der höflich über Geldanlagen informiert, während er innerlich die Sau rausläßt. „Fetter Drecksack, du, deine Steuerhinterziehungen kannste dir in deine kümmerlichen Haare schmieren.“ Vertrauensbildend ist das nicht gerade, so wenig Contenance hinter Bankschaltern entdecken zu müssen.

Auch die Polizei rät dringend von verbalen Ausfällen gegenüber Bankkunden in Gestalt von Räubern ab. Um das eigene Leben nicht zu gefährden, solle das Schalterpersonal den Zahlungbegehren bei Überfällen lieber entgegenkommen. Schließlich ist das auch eine Frage des Stils. Vielleicht sollte sich das deutsche Kreditwesen ein Beispiel an der Telekom nehmen. Stürmt ein Kapuzenmann mit vorgehaltener Pistole den Schalterraum, flötet eine sanfte Stimme: „Willkommen! Unsere Geldausgabeplätze sind zur Zeit alle belegt, Sie werden bedient, sobald ein Platz frei ist.“ Nach fünfminutigem Warten dann der Schritt an die Panzerglasscheibe, wo eine zuckersüße Stimme fragt: „Guten Tag, mein Name ist Manuela Kirsch, was kann ich für Sie tun?“ Den Bankräuber möchte man sehen, den das nicht entwaffnet. Vera Gaserow

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