piwik no script img

■ QuerspalteHört keine Popmusik!

Der soeben veröffentlichte Jahresbericht des Internationalen Drogenkontrollprogramms der Vereinten Nationen – im folgenden INCB genannt, weil wir sonst viel zu schnell ans Ende dieser Kolumne geraten – enttarnt gleich zwei Gruppen, die schuldig sind am Drogenkonsum junger Menschen. Da wären zunächst die westeuropäischen Legalisierungskampagnen, die laut INCB „ein Umfeld schaffen, das den Drogenkonsum gesellschaftsfähig mache“. Donnerwetter! Selten hörte man so klare Worte, und ganz gewiß hat noch niemand eine Legalisierungskampagne vor diesem Hintergrund betrachtet. Drogenkonsum, gesellschaftsfähig, das heißt: zugerauchte Fußballfans! Joint-Empfänge und Pillencocktailbars! Und ein völlig neues Oktoberfest!

Wer aber sind neben der „zu liberalen Politik“ die anderen Wegbereiter einer hemmungslos berauschten Gesellschaft? „Die Einflüsse der Populärkultur und besonders der Popmusik“, klagt das INCB. Viele Popstars suggerierten in ihren Texten und sogar öffentlich, „daß das Rauchen von Marihuana und der Konsum anderer Drogen zu einem normalen Alltag gehören“.

Liebe Gemeinde, das ist wahr. Nehmt meine Drogenkarriere als mahnendes Beispiel: Meine Mutter wiegte mich mit dem Lied „Der Mohn ist aufgegangen“ in den Schlaf. Als Schulkind sang ich gedankenlos „Griechischer Wein“ sowie „Ein Bett im Kornfeld“ mit und erlag auf dem Pausenhof den Einflüsterungen älterer Mitschüler, die „Immer, wenn er die Pille nahm“ nacherzählten. Und im jugendlichen Alter wurde es noch schlimmer, denn da las ich „The Gras is singing“ und hörte dazu „Parallel Lines“ von Blondie. Kein Wunder, daß ich mit 20 schon durch und durch verdorben war. Meine ganze Hoffnung liegt nunmehr auf dem INCB. Helft ihm, die Popkultur in ihre Schranken zu weisen. Hört keine Popmusik! Sie ist des Teufels! Zwingt die Stars, ihre Texte einer Kontrollkommission vorzulegen! Rettet mich! Carola Rönneburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen