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■ QuerspalteDie Joghurtlegende

Aus gegebenem Anlaß (Weltwasserspartag) weist die Firma „Duales System Deutschland GmbH“ darauf hin, daß Joghurtbecher nicht ausgespült werden müssen, bevor sie dem hierfür vorgesehenen Gelben Sack bzw. der Gelben Tonne zugeführt werden. Es reiche völlig aus, wenn die Joghurtbecher in löffelreinem Zustand abgegeben würden, hieß es. Angeblich also werden hierzulande täglich akribisch und womöglich unter fließendem Wasser Joghurtbecher von Joghurtrückständen befreit, bis man von ihrem Fußboden essen könnte. Sollen wir das glauben? Ein Blick in einen durchschnittlichen Berliner Hinterhof genügt, um den Joghurtbecherwaschzwang als Großstadtlegende zu enttarnen. Lüftet man hier den Hausmüllcontainerdeckel, so entdeckt man einen Fernseher, einen Kühlschrank, eine Rolle Teppich sowie zwei bis drei Lastwagenreifen – wer hier Joghurtbecher reinigt, wird erst von den Nachbarn mitleidig beäugt, zwei Tage später aber schon von Männern in weißen Jacken abgeholt.

Worum geht es also wirklich? Ganz bestimmt nicht um den Städtbewohner und seine Joghurtbecher – sondern um den schwäbischen Dorfinsassen. Im Schwabenland nämlich werden, wie schon vor tausend Jahren, jeden Samstag die Mülltonnen geschrubbt und innen und außen blitzeblank gewienert. Wehe dem, der da nicht mitmacht: Er wird mit Schimpf und Schande fortgejagt und – damit er keinen Dreck macht – hinter der Ortsgrenze geteert und gefedert.

Die Mülltonnenwäsche aber ist es, die sämtliche Wassersparversuche zunichte macht, denn natürlich ist viel mehr Wasser für eine Mülltonnensäuberung vonnöten als etwa für einen Fruchtzwergbehälter. Nicht einmal der Hinweis auf eine niedrigere Wasserrechnung hält den Schwaben von seinem Brauchtum ab: Zwar spart er gern, noch lieber aber wäscht er seine Mülltonne aus. Die duale Initiative muß daher als behutsames Umerziehungsprogramm gesehen werden. Ziel ist es, den Schwaben bis zum Jahr 2050 die löffelreine Mülltonne schmackhaft gemacht zu haben. Carola Rönneburg

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