piwik no script img

■ QuerspalteMachiavelli für Frauen

„Das Ewig-Weibliche/ Zieht uns hinan“, steht am Schluß von Goethes „Faust II“. Ich lernte diese Weisheit von meinem Opa. Einmal beschloß der nämlich, einen unhöflichen Nachbarn einfach nicht mehr zu grüßen. Dieses Vorhaben verhinderte jedoch meine Oma. Selig seien die Friedfertigen, meinte sie milde, und Unfreundlichkeit solle man am besten mit besonderer Güte begegnen. Das sah mein Opa ein und erklärte mir, Männer täten gut daran, immer auf ihre Frauen zu hören, diese seien die von Natur aus besseren Menschen.

Mein Opa und Goethe verklärten Frauen zu Engeln. Mein Opa und Goethe hätten nie verstanden, daß spätere weibliche Generationen, das Engeldasein auf die Dauer recht dröge fanden. Mein Opa und Goethe hätte auch Harriet Rubin nicht verstanden. Frau Rubin hat ein Buch geschrieben: „Machiavelli für Frauen“. Niccolò Machiavelli aus Florenz verfaßte 1513 „Der Fürst“. Die Pflichtlektüre für den ambitionierten Gewaltherrscher. Machiavelli rät darin zum Beispiel: „Wenn du eine Gegend eroberst, töte jeden, der gegen dich ist, basta.“

Harriet Rubin hat diese Lehren nun nutzbar gemacht für den Alltag unserer Geliebten, Kolleginnen und weiblichen Vorgesetzten. Au Backe! Rubins Ratschläge lesen sich allerdings recht seltsam. Die Fürstin, so nennt Machiavelli-Rubin ihre Leserinnen, müsse lernen, „wie man einen Feind besiegt, der ihre Träume töten will“. Die Fürstin müsse außerdem „Liebhaberin und Kriegerin sein“. Nun, Harriet Rubin meint – im Gegensatz zu meinem Opa und Goethe – augenscheinlich nicht, Frauen sollten wie Engel leben. Aber wie dann? Sollen Frauen sein wie Hitler, Stalin oder Pol Pot, die alle ihren Machiavelli gelesen hatten. Oder sollen Frauen, ganz im Gegensatz zum Engelmodell, lieber Teufel sein? Nein, Frau Rubin hat ein ganz eigenes Bild von ihren Geschlechtsgenossinnen: „Es heißt, eine Frau sei wie ein Teebeutel, bei dem man nur, wenn er sich in heißem Wasser befindet, erkennt, wie stark er ist.“ Robin Alexander

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen