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■ QuerspalteLichtstreif am Horizont

Jörg Kachelmann ist ein Naturtalent. Kein Meteorologe kann so anschaulich suppenden Hochnebel und dräuende Blumenkohlwolken in die Luft malen wie er. Kaum ein Spitzenverdiener mimt so überzeugend den bescheidenen tolpatschigen Nachbarsjungen wie Kachelmann, der es nicht nur zu einer eigenen Wettersendung und zum „Einer wird gewinnen“-Moderator brachte, sondern vorübergehend sogar zu einem eigenen Wetterkanal. Er ist der einzige Schweizer, der Verballhornungen wie „Meck-Pomm“ nachhaltig in der deutschen Sprache etablieren konnte.

Nun hat der Oberwetterfrosch der ARD auch den richtigen Riecher für die politische Großwetterlage bewiesen. Pünktlich zu den Verhandlungen über die Macht im Land ging Kachelmann als Kämpfer für Gleichberechtigung in die Offensive: „Auch Frauen sollen ein Hoch kriegen“, formulierte er süffisant. Vordergründig läßt Kachelmann nur eine „kleine Wetter-Revolution“ aufziehen: Schluß damit, Tiefdruckgebiete immer nur nach Frauen zu benennen, befindet er, und ruft zu Vorschlägen für ein neues Wetter-Abc auf.

Aber sein Vorstoß ist mehr als emanzipatorisches Wetterleuchten. Kachelmann bringt frischen Wind in die Frauenpolitik, die derzeit ermattet daliegt: Claudia Nolte kannte in diesem Punkt die Grenzen konservativer Politik, die SPD- und Grünen-Frauen halten sich gegenüber den Schrittmachern ihrer Parteien sensibel zurück. Mit Worten wie Donnerhall rüttelt „Regen-Rilke“ (Spiegel) die Republik auf: „Chauvis“ seien im namenvergebenden Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin am Werk, der „Muff unter den Talaren“ müsse nun endlich ausgelüftet werden. Darüber hinaus beweist Kachelmann Gespür für n-ostalgische Befindlichkeit: „Ostdeutsche Namen wie Heiko und Kathrin fehlen völlig“, moniert er. Merke: Blitz und Donner machen keinen Unterschied, und die Sonne scheint für alle. Kachelmann soll den Bonnern zeigen, woher der Wind weht. Kachelmann, übernehmen Sie! Kerstin Willers

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