■ Querspalte: Mädels und Jungs
Es gibt eine Zeit im Leben, die ist ganz schlimm. Alle sind einmal durch dieses Jammertal geschritten. Glücklich ist, wer von sich behaupten kann, es weit hinter sich zu wissen.
Es ist eine Zeit, in der man den Körper als fundamentalen Opponenten kennenlernt. Jenen, die über die Exklusivität eines Y-Chromosoms verfügen, widerfahren abrupte Aufblähungen des Hosenlatzes und spontane Rot-Verfärbungen des Antlitzes. Das andere Geschlecht wird unglaublicher Verformungen seiner Körperoberfläche zu einer kuppigen Endmoränenlandschaft gewahr, kämpft mit gelegentlichen Ohnmachten und hat sich der hormonell bedingten Triebdurchbrüche der Burschen zu erwehren.
Klar, in der Pubertät kämpfen die Kids nicht nur gegen die unkontrollierte Überfunktion ihrer Drüsen, sondern vor allem gegen die Aussicht, den Bevölkerungsschwund im Stadium späterer Reife durch eifriges Kohabitieren aufzuhalten.
Also schritten einst Pädagogen zu Werke und schickten die Vokabel „Koedukation“ ins Rennen. Seitdem mühen sich Mädels und Jungens gemeinsam in einer Klasse ab – auch in der Phase erhöhter Geschlechtsbereitschaft. Diese Praxis rief wiederum Frau Gabriele Behler auf den Plan, ihres Zeichens Schulministerin in NRW. Das mit dem gemeinsamen Sportunterricht müsse ein baldiges Ende finden, es geht schließlich „um das Recht der Geschlechter auf spezifischen Zugang zum Fach Sport“, verrät Gehler.
Der weibliche Olympianachwuchs ist ernsthaft gefährdet, denn die Mädchen reagieren mit Rückzug vom Sport. Vor allem wegen „Gewalterfahrungen in allen Bereichen“. Der lüsterne Blick, die handgreifliche Hilfestellung des Sportlehrers beim Hüftaufschwung, eine linkische Rempelei vom Klassendödel beim Basketballmatch oder eine kleine heimliche Peep-Show in der Umkleide? Konkretes vernahm man von der Ministerin nicht, nur mag sie bedenken: Entzieht man Spatzen das andere Geschlecht, scheitern Balz und Liebesakt kläglich. Will Frau Gehler das? Markus Völker
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