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■ QuerspalteVon Manila lernen...

Gepriesen seien die Philippinen! Als Zentrum der Zivilisation, Inselgruppe des Fortschritts, Perle des Pazifiks und überdies noch als wünschenswertes Vorbild für unsere rot- grünen Umweltpolitiker, die in 100 Tagen an den Schalthebeln offensichtlich nicht viel auf die Reihe bekommen haben. Oder um es mit den Worten zu sagen von Angelika Zahrnt, die dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vorsitzt: Es herrscht eine „weitgehende Funkstille“ auf vielen „umweltrelevanten Feldern“, die Ökosteuerreform zum Beispiel ist „zerrieben worden zwischen den Mahlsteinen der Interessen“. Abgesehen vom 100.000-Dächer- Programm zur Photovoltaik-Förderung, was auch immer sich dahinter verbergen mag, haben hiesige Ökologen derzeit keinen Grund, ein Loblied zu singen auf die da oben.

Ganz anders die Lage – auf den Philippinen, genau. Das Umweltministerium in Manila hat gerade die Einführung einer geradezu revolutionären Maßnahme bekanntgegeben: Firmen, die sich an der Natur versündigen, müssen in Zukunft keine Geldstrafe mehr zahlen, sondern Obstbäume pflanzen – damit die Grünanlagen der Hauptstadt wieder etwas grüner werden. Darüber hinaus sind die Unternehmen verpflichtet, die Bäume ein halbes Jahr lang zu pflegen. Wer Pflanzen, Tieren und Menschen nach dem Leben trachtet, muß neues Leben schaffen und erhalten, wird sozusagen resozialisiert – das philippinische Umweltministerium praktiziert also so etwas Ähnliches wie humanen Strafvollzug.

Was lernen wir daraus? Jürgen Trittin muß sofort nach Manila reisen! Nicht nur, um dort Anschauungsunterricht zu nehmen, sondern auch ein bißchen Entwicklungshilfe zu leisten. Denn so wegweisend der Vorschlag des dortigen Ministeriums auch sein mag: Nachhilfe kann nicht schaden. Derzeit grübeln die Umweltretter darüber, für jeden Verstoß eine angemessene Zahl von Bäumen festzulegen. Und wer wüßte solche bürokratischen Probleme besser zu lösen als deutsche Ministeriumsangestellte? René Martens

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