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Querspalte

■ „Alles voller Hirnmasse!“

 Vor Jahren kaufte ich mir ein graues Radio. Es hatte keine bunten Lämpchen, nur zwei schäbige Drehknöpfe. Aber man sollte damit unter anderem den Polizeifunk abhören können – Sachen wie: „Herr Wachtmeister, hier unten ist alles voller Hirnmasse!“ Unter der Preisangabe (69 DM) stand winzig: „Die Inbetriebnahme dieses Gerätes in der BRD ist verboten.“ Selbstverständlich nahm ich das Gerät in Betrieb. Sofort. In der BRD. Und musste mir dann auch gleich ein paar Streifenwagen reinkurbeln. Ich hatte keine Wahl: Vielleicht fahndeten sie schon nach mir. Sie sollten mich nicht in flagranti mit dem Ding erwischen.

 Doch leider kam ich nie über das Start-und-Lande-Geschwätz vom Flughafen Tegel („Request clearance for takeoff“) und irgend welche gemütskranken CB-Funker („Invalidenstraße nieselt's!“ – „Komisch, Lehrter Bahnhof auch.“) hinaus. Aber wenigstens hat man mich bis jetzt nicht gekriegt. Wahrscheinlich kennt einer dieser Bischöfe meinen Radiohändler. Sonst wären sie wohl nie auf diese Beratungsscheine gekommen, unter denen stehen sollte: „Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung straffreier Abtreibungen verwendet werden.“

 Wozu dann? Um sie gerahmt aufzuhängen und seiner Tochter in fünf Jahren zu verkünden: „Guck mal, Dschanette, ich wollte dich eigentlich auslöffeln lassen, aber Gott hat dich gerettet“?

 Man kann mit diesem Katholenpapier nur abtreiben lassen, bis sich das Kürettage-Besteck biegt. Weiter nichts. Besagter Nachsatz vom Juni ist nicht „trickreich“ (Spiegel), sondern ausgemachter Schwachsinn, den man nicht mal seiner Oma, wohl aber seinem Heiligen Vater erzählen kann. Dagegen wäre einzuwenden, der Papst hätte es nun zu guter Letzt ja doch geschnallt. Stimmt. Aber nur, weil Kardinal Meisner gesungen hat. André Mielke

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