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Queer-feministisches Camp auf SyltBedroht mit Messer und Pistole

Queer-feministische Ak­ti­vis­t:in­nen haben in Westerland auf Sylt ein Camp errichtet. Nun werden sie von Rechts­ex­tre­mis­t:in­nen bedroht.

Kein gutes Pflaster für queer-feministische Aktivist:innen: Westerland auf Sylt Foto: dpa / Carsten Rehder

Hamburg taz | Zwischen Sonne und Strand, Meer und Millionen, Genuss und Geschlecht: Seit Mittwoch wollen Akti­vi­st:in­nen auf Sylt im Camp für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans* und agender Personen (FLINTA) den bestehenden Verhältnissen eine antikapitalistische, feministische und queere Perspektive entgegensetzen. Das erzählt der Aktivist Ronny, der nicht mit seinem richtigen Namen in der Zeitung genannt werden möchte.

Schon am ersten Tag haben die etwa 50 Teil­neh­me­r:in­nen im Camp an der St.-Nicolai-Kirche in Westerland aber einen Selbstschutz organisiert – denn Rechtsextreme bedrohten das Camp, erzählen die Aktivist:innen. Am Sonntag eskalierte die Situation.

Am Haupteingang des Camps war am frühen Sonntagmorgen gegen halb fünf ein Mann erschienen. Der Mann – ohne auffällige rechtsextreme Kleidung oder Tattoos – begann mit einer Nachtwache ein Streitgespräch, berichtet Ronny. „Er wirkte wirr“, sagt die Aktivistin Armilla Brandt, die auch bei der Nachtwache war, der taz. Auch sie benutzt ein Pseudonym. „Er behauptete, auf Sylt gebe es keine Nazis, sprach aber im gleichen Satz noch davon, seine Nazifreunde zu holen“, erzählt Brandt.

Nachdem sie betont habe, dass es sehr wohl Nazis auf Sylt gebe, habe der Mann ein Messer herausgeholt und sie bedroht. „Er hielt mir die Klingenspitze ins Gesicht. Diese Messerbedrohung erschüttert mich immer noch“, erzählt sie. Wenig später habe der Mann sie erneut bedroht – mit einer Pistole.

Der Aktivist geht von rund 50 Rechts­extremen aus, die die Menschen in ihren Zelten bedrohen und angreifen könnten

Denn nachdem sie den Mann beim ersten Angriff zurückdrängen konnte, fuhr er mit dem Fahrrad weg, drohte jedoch, seine Waffe zu holen, um Brandt „zu erschießen“, sagt Ronny. Wenige Minuten später war der Mann zurück, lief durch das Camp mit einer Pistole, bedrohte Ak­ti­vis­t:in­nen und suchte „das Großmaul“. Damit habe er wohl Brandt gemeint.

Die zuvor gerufene Polizei schritt ein und setzte den Mann gewaltsam fest. Bei der Festnahme bedrohte er auch die Polizist:innen. „Der Schreck sitzt tief“, sagt Brandt offen. Mit so einer konkreten Bedrohung habe sie nicht gerechnet. Sie wollte das FLIN­TA-­Camp fotografisch begleiten.

Die Waffe könnte eine modifizierte Luftpistole gewesen sein, mutmaßt Brand, mit 7,5 Joule und Diabolo-Patronen. Nach dem Waffengesetz sind diese Patronen Geschosse, keine Munition. Sie werden unter anderem bei der Schädlingsbekämpfung verwendet. „Diese Handfeuerwaffe kann durchaus tödlich sein“, sagt Brandt.

„Den Einsatz gegen einen Mann mit einer Luftpistole kann ich bestätigen“, sagt ein Sprecher der zuständigen Polizei Flensburg gegenüber der taz. Der festgesetzte Mann lebe auf der Insel und sei stark alkoholisiert gewesen, so der Sprecher weiter. Nach den polizeilichen Maßnahmen habe er wieder gehen dürfen.

Brandt berichtete vor der Eskalation bei Twitter auch von anderen Vorfällen. „Seit heute früh wird das Camp der jungen Ak­ti­vis­t*in­nen von Neonazis ausgespäht und beobachtet. Außerdem patrouillieren die Faschisten in der gesamten Innenstadt sowie am Bahnhof in Westerland“, schrieb sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. „Immer mehr Faschowägen unterwegs“, twitterte sie in der Nacht auf Samstag.

Auch Ronny erzählt von Pa­trouillen durch die Innenstadt. Der Aktivist geht von rund 50 Rechtsextremen aus, die die Menschen in ihren Zelten bedrohen und angreifen könnten. Einzelne Rechtsextreme ordnet er der „Division Baden“ zu. Es seien aber auch welche aus Hamburg und Sachsen angereist – „zum Zeckenklatschen“, sagt Ronny.

Trotz der Vorfälle gelang es den Ak­ti­vis­t:in­nen, mit Demonstrationen gegen Transphobie, sexualisierte Gewalt und Klassismus „Optionen zum normalen Leben“ aufzuzeigen, sagt Ronny. Anfeindungen gegen ihre Vorstellungen von Emanzipation und Diversität kämen auch aus anderen Milieus.

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