Quartalszahlen der Allianz: Die Lage ist dramatisch, aber nicht ernst
Der Konzern legt schlechte Quartalszahlen vor. Schuld am Minus sind Katastrophen wie die AKW-Havarie in Japan. Das eigentliche Ergebnis ist deutlich besser.
HAMBURG taz | Europas größter Versicherer Allianz SE hat im ersten Quartal mit rund 30 Milliarden Euro weniger Umsatz und mit rund 900 Millionen Euro deutlicher weniger Gewinn gemacht als im Vorjahresquartal. Vor einem Jahr betrug der Ertrag 1,6 Milliarden Euro.
Doch die tatsächliche Lage ist besser, als die gestern auf der Hauptversammlung in München vorgestellten vorläufigen Zahlen suggerieren. Schuld am Minus sind unter anderem Belastungen aus Naturkatastrophen und dem Atomunfall in Japan. Circa 750 Millionen Euro legte der Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann für diese Risiken beiseite.
Angesichts wackeliger Kapitalmärkte hat die Allianz 2011 weitgehend darauf verzichtet, rasant gestiegene Kurse für Aktien und Beteiligungen als Gewinn zu verbuchen. Die insgesamt verwalteten Geldanlagen wuchsen im vergangenen Jahr um unheimliche 26,2 Prozent auf einen Rekordstand von 1.518 Milliarden Euro - was dem Bruttoinlandsprodukt Spaniens entspricht.
"Die Allianz hat ihre Risiken gut unter Kontrolle"
Die US-Tochtergesellschaft Pimco ist einer der größten globalen Vermögensverwalter. "Die Allianz hat ihre Risiken gut unter Kontrolle", versicherte Diekmann. "Wir sind hochprofitabel und finanziell gestärkt aus der Krise hervorgegangen."
Unheimlich gut steht es nicht allein um die Kapitalmarktspekulation, sondern auch um das klassische Versicherungsgeschäft mit Haftpflicht, Autos und Leben, wo knapp 1,7 Milliarden Euro Überschuss blieben. Die deutsche Assekuranz will künftig noch stärker von den Rentensorgen der Amerikaner profitieren. Dazu soll das Werbebudget verdoppelt werden.
Holocaust-Opfer mit "ALL-Nazi"-Transparenten
Mit durchaus auch unliebsamen Folgen: Als kürzlich der Anstoß zur "Allianz-Meisterschaft" von Profigolfern in Florida erfolgte, protestierten Holocaust-Opfer mit "ALL-Nazi"-Transparenten. Vor vier Jahren hatte die Allianz zusammen mit anderen europäischen Versicherern 300 Millionen Dollar für die Entschädigung von Nazi-Opfern bezahlt und sich Rechtsfrieden erhofft. Opferverbände monieren nun, der Konzern sei noch 2 Milliarden Dollar für nicht ausgezahlte Versicherungspolicen aus der Nazizeit schuldig.
Gleichwohl sieht der frühere Allianz-Aufsichtsrat Rudolf Hickel die gesamte Branche gut aufgestellt und sagt ihr glänzende Zukunftsaussichten voraus. Der Ökonom berät die Gewerkschaft Ver.di im aktuellen Tarifstreit. Die Versicherer dagegen malen eher schwarz und sehen die eigene Situation "dramatisch schlecht". Keine unheimliche Überraschung, denn am heutigen Donnerstag steht in Hamburg die Tarifrunde mit der Gewerkschaft Ver.di an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben