piwik no script img

Pyrotechniker auf Schalke„Ihr kriegt uns niemals klein“

Auf Schalke zünden Heimfans bengalische Feuer an und werden danach vom Gros der Stadionbesucher ausgepfiffen und beschimpft: „Ihr seid Scheiße wie der BVB!“

Die Fackeln auf Schalke zündete eine Gruppierung, die sich „Hugos“ nennt Bild: dpa

GELSENKIRCHEN taz | Es war wieder einer dieser akribisch ausgeklügelten Auftritte, die einige Feuerwerksfreunde aus dem Umfeld des FC Schalke am Samstag zur Aufführung brachten. Während der ersten Halbzeit hing ein Plakat in einer Ecke neben der Nordkurve, „Wir werden nie so sein, ihr kriegt uns niemals klein“, war dort zu lesen. Es war eine Art Ankündigung.

Als die Teams zum Anpfiff der zweiten Spielhälfte zurück waren, wurden oberhalb des Transparents rund 20 Bengalos gezündet. Dass Heimfans Feuerwerk abbrennen, ist höchst unüblich. Das gesamte Stadion, auch der harte Kern der Anhänger auf der Nordkurve, rief: „Wir sind Schalker und ihr nicht!“ und „Ihr seid Scheiße wie der BVB!“

Das alles wirkte wie eine neue Eskalation. Denn offenbar schwindet unter den Stehplatzfans, von denen viele die Deutsche Fußball-Liga und den DFB genauso verabscheuen wie die Pyrotechniker, die Solidarität mit den Zündlern. Das sei „die richtige Antwort“ gewesen, meinte Manager Horst Heldt später über die Reaktionen des Publikums. Die Feuerwerker scheinen ja auch immer unvorsichtiger zu werden, am Freitag in Düsseldorf haben Leute im HSV-Block ein Transparent in Brand gesteckt.

Die Fackeln auf Schalke zündete eine Gruppierung, die sich „Hugos“ nennt, Leute, von denen einige nach den Ausschreitungen beim Derby in Dortmund vor fünf Wochen Stadionverbote erhalten haben. Diese Sanktionen waren aber am Samstag noch nicht wirksam. „Ausgesperrt ohne bewiesene Schuld – Lebt mit den Konsequenzen!“, stand auf einem anderen Transparent in dieser Ecke.

Zweifelhafte Abschiedsshow

Die erste Konsequenz war diese zweifelhafte Abschiedsshow, an deren Ende die betreffenden Leute die Kurve freiwillig verlassen haben. Gegen die etwa 60 Ultras wurden wegen des Abbrennens von bengalischen Fackeln Strafverfahren eingeleitet. Das bestätigte die Gelsenkirchener Polizei am Samstag kurz nach Spielende. „Wir haben die Aktion videografiert und die Personen identifiziert. Dann haben wir sie nach dem Spiel abgefangen“, sagte ein Sprecher.

Dass Leuten mit Stadionverbot so eine Bühne gegeben wird, ist eine der zahllosen Seltsamkeiten, die die erhitzte Lage derzeit mit sich bringt. Die Emotionen kochen, auch in Mainz war das zu beobachten. Dort sorgte vor dem Gastspiel des BVB ein Schnipsel aus einem Beitrag des Deutschlandradios für heftige Reaktionen.

Lutz-Michael Fröhlich, der oberste Schiedsrichter-Beauftragte des DFB, hatte in einer aufwändig recherchierten und durchaus ausgewogenen Reportage mit dem Titel „Beschimpft und bedroht. Deutschlands Fußballschiedsrichter – die Pfeifen der Nation?“ gesagt: „Auch wenn der Trainer Klopp sich hinterher immer hinstellt und sagt: ’Tut mir leid’, am Ende ist es so: Es bleibt immer irgendetwas hängen. Das Verhalten, was da an den Tag gelegt wird zum Teil, hat so ein aggressives Potenzial, dass daraus gewaltsame Exzesse an der Basis erwachsen können.“

„Unter aller Sau“

Im ersten Affekt erwiderte Sportdirektor Michael Zorc vor einem WDR2-Mikrofon: „Ich finde es unter aller Sau, jetzt, wo wir im Prinzip alle drei Tage im Spielrhythmus sind, so eine Thematik aufzumachen.“ Der BVB sei seit Jahren „die fairste Mannschaft der Liga“, die Herren Unparteiischen sollten sich lieber „um Ellbogen-Checks und Ähnliches kümmern, um nicht gegebene Elfmeter, dann wären sie besser beraten“. Zorcs Ärger ist nachvollziehbar, dem Thema gerecht wird seine Reaktion nicht.

Denn Fröhlichs Überlegungen sind alles andere als abwegig. Klopp ist der im Augenblick wohl am meisten bewunderte Fußballlehrer der Bundesliga, natürlich nehmen sich zahllose Amateur- und Jugendtrainer seinen Fußball, seine Rhetorik und sein strategisches Denken zum Vorbild. Und sein emotionales Verhalten an der Außenlinie sicher auch.

Klopp selbst reagierte vernünftig auf den Vorwurf, „es sei „sehr unangenehm, wenn der eigene Name mit so was in Verbindung gebracht“ werde, sagte der Dortmunder Meistertrainer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • AY
    are you serious?

    Lieber Hr. Theweleit,

     

    ihr Artikel und vor allem ihre fehlende Recherche - Arbeit deckt sich bis auf vielleicht die nicht vorhandene Polemik sehr mit den Artikeln diverser Schmierenblätter und erreicht somit locker Bild Niveau.

     

    Gratulation!

     

    Dass die Verantwortlichen bei der TAZ mit der Veröffentlichung diesen Textes auf den seit Monaten mit Höchstgeschwindigkeit fahrenden Gefahrentransporter so unreflektiert aufspringen enttäuscht mich als Freund ihres Hauses ungemein!

     

    Schämen Sie sich alle für diese Art von Journalismus!

  • HS
    h s

    Fuer einen Aussenstehenden liest sich Fussballberichterstattung immer ein wenig wie Kirchentagsberichterstattung. Oder die jaehrlichen Berichte vom Wacken Open Air, nur sind da die Teilnehmer wesentlich vernuenftiger.

     

     

    Profifussball und insbesondere das Fanwesen ist eine Mischung aus Unterhaltungsindustrie und Religion, als Teil der Gesellschaft durchaus erwaehnenswert, aber was hat das mit Sport zu tun?

  • G
    Gladbacher

    Ich frage mich warum die Grünen da noch nichts zu sagen, ich will nämlich nicht wissen wieviel Feinstaub und ähnliches durch die Pyroaktion auf Schalke in die Luft geblasen wurde!

  • T
    taz &sport

    "Das gesamte Stadion, auch der harte Kern der Anhänger auf der Nordkurve, rief"

     

    eher nicht. Eine Minute mehr arbeit und youtube würden ein differenzierteres Bild zeigen.

     

     

    "unter den Stehplatzfans"

     

    Warum nur oder ausgerechnet dort? Wie ist wohl die Entwicklung bei den Stadionbesuchern?

     

     

    "von denen viele die Deutsche Fußball-Liga und den DFB genauso verabscheuen wie die Pyrotechniker, die Solidarität mit den Zündlern"

     

    sozusagen die neuen Wutbürger?!? Ich glaube, dass eher nicht, denn auch wenn Viele beim Spiel die Sau rauslassen können (Pfeifen,Schimpfen etc), so ist die Mehrheit, welche sich nicht in vermeintlicher Nähe zu diversen (aktiven) Gruppen befindet, durch und durch bürgerlich, sprich: Gesetzt ist Gesetzt und Verbot ist Verbot.

     

     

    "die sich „Hugos“ nennt, Leute, von denen einige nach den Ausschreitungen beim Derby in Dortmund vor fünf Wochen Stadionverbote erhalten haben"

     

    hier liest es sich, als ob es zu Auseinandersetzungen gekommen ist. Dies war aber nicht der Fall und zeugt von einer schlampigen Recherche, sofern diese überhaupt stattgefunden hat. Das "Schlimme" dabei ist, dass es dieser Gruppe gerade um diesen Sachverhalt ging, nämlich um Stadionverbote (über 100), um Sippenhaft, um (ausgesetzte) Unschuldsvermutung und noch weiteres, wobei die Rolle der Medien hier auch nicht unbeachtet bleiben sollte (wie ihr,liebe taz, mit diesem Bericht bestens zeigt).

     

     

    "Dass Leuten mit Stadionverbot so eine Bühne gegeben wird, ist eine der zahllosen Seltsamkeiten"

     

    Verstehe ich das hier richtig: Werde festgenommen und dann sofort in den Bunker gesteckt, ohne Gericht und Anwalt? Oder wie soll ich dies verstehen? Vielleicht ist es eine Seltsamkeit, inwieweit Rechtsstaat, Unschuldsvermutung und Kollektivstrafen ausgelegt werden- bspw anhand des Beispiels Fußball. Weiter würde sich hier ein breites Feld von bspw. die Rolle der Medien zur Meinungsbildung und Durchsetzung von Maßnahmen anbieten. ...und vieles,vieles mehr.

     

    Oder doch lieber weiter schlecht recherchierte bild-Artikel publizieren und dafür auch noch Bares haben wollen.

    Das wäre mir wirklich zutiefst peinlich, wenn ich für meine Arbeit, die wirklich schlampig ist, auch noch bezahlt werden möchte