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Puigdemont in Polizeigewahrsam

Am Sonntag haben sich der katalanische Exregierungschef und seine vier Mitstreiter in Belgien den Behörden gestellt

Von Reiner Wandler, Madrid

Der abgesetzte katalanische Regierungschef Carles Puigdemont und vier seiner Minister haben sich am Sonntagfrüh freiwillig der Bundespolizei in Brüssel gestellt. Dies bestätigte der Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft am Sonntagnachmittag. Die Puigdemont und seine Mitstreiter hatten sich bereits seit einer Woche in Belgien aufgehalten. Gegen sie liegt ein europäischer Haftbefehl aus Spanien vor.

Den fünf wird „Rebellion“, „Aufstand“ und „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ vorgeworfen. Grund ist die Durchführung eines durch das spanische Verfassungsgericht verbotenen Unabhängigkeitsreferendums sowie die Abstimmung des Autonomieparlaments über die Unabhängigkeit Kataloniens. Auf die Vorwürfe stehen bis zu 55 Jahre Gefängnis.

Puigdemont und die anderen vier blieben in Polizeigewahrsam und wurden noch im Laufe des Sonntags dem Richter vorgeführt. Dieser hörte die Betroffenen an. Spätestens am Montagfrüh wird die Entscheidung fallen, ob Belgien den Auslieferungsantrag aus Madrid akzeptiert oder nicht. Dann wird in den kommenden zwei Wochen beschieden, ob der Auslieferung stattgegeben wird, oder nicht.

„Sollte der Auslieferung stattgegeben werden, stehen uns mehrere Berufungsinstanzen zur Verfügung“, erklärte Gonzalo Boye, Verteidiger von zwei der vier Minister. Das Verfahren werde sich in die Länge ziehen. Boye spricht von mehreren Monaten.

Richterin Carmen Lamela am spanischen Sondergerichtshof für Terror, Bandenkriminalität und Finanzdelikte in Madrid hatte bereits am Donnerstag die in Spanien verbliebenen Regierungsmitglieder in U-Haft genommen. Nur einer der ehemalige Minister, Santi Vila, kam gegen Kaution wieder frei. Er war am Tag vor der Unabhängigkeitserklärung von seinem Posten zurückgetreten.

Die fünf Regierungsmitglieder in Belgien könnten, falls der europäische Haftbefehl von der dortigen Justiz angenommen wird, in Haft genommen werden. Die Gesetzgebung sieht maximal 60 Tage Abschiebehaft vor. Dauert das Verfahren länger, müssen die Betroffene auf freien Fuß gesetzt werden.

„Ich sehe allerdings keinen Grund, sie in Haft zu nehmen“, erklärt Boye. Schließlich hätten sich Puigdemont und die anderen vier freiwillig gestellt und damit bewiesen, dass sie mit der belgischen Justiz zusammenzuarbeiten.

Die Verteidigung will mit fehlenden rechtlichen Garantien in Spanien argumentieren. Es handle sich um ein politisches Verfahren. Alle Proteste, die der Sondergerichtshof als „Rebellion“ und „Aufstand“ auslege, seien friedlich verlaufen. „Außerdem ist der Sondergerichtshof nicht zuständig“, erklärt Boye. Das Gericht entschied 2008, das „Rebellion“ nicht in seine Zuständigkeit fällt. Dennoch wird gegen die katalanische Regierung dort ermittelt.

Puigdemonts Regierung war vom spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy nach der Unabhängigkeitserklärung mit Hilfe des Verfassungsartikels 155 abgesetzt worden. Katalonien wird seither direkt von Madrid verwaltet.

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