piwik no script img

Publizist Kaden verteidigt Deutsche-Bank-Chef"Anklageschrift ist einseitig"

Was hat Wolfgang Kaden geritten, beim Bankentribunal des Netzwerks Attac ausgerechnet Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zu verteidigen? Der Journalist nimmt Stellung.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann findet in Wolfgang Kaden einen Unterstützer. Bild: pa
Felix Lee
Interview von Felix Lee

taz: Herr Kaden, was hat Sie geritten, beim Bankentribunal ausgerechnet Josef Ackermann von der Deutschen Bank zu verteidigen?

Wolfgang Kaden: Als Journalist habe ich ja selber in den vergangenen zwei Jahren kritische Beiträge zu den Banken verfasst. Es hat mich intellektuell gereizt, sozusagen auf die andere Seite zu springen und mir die Sichtweise der Deutschen Bank zu eigen zu machen.

Mit welcher Erkenntnis?

Wolfgang Kaden

69, ist Diplomvolkswirt, promovierter Politologe und Wirtschaftspublizist. Er war von 1991 bis 1994 Chefredakteur des Spiegels, von 1994 bis 2003 leitete er das Manager Magazin.

Es gibt eine ganze Reihe von Argumenten, die dafür sprechen, dass Ackermann eine eher positive Rolle in dem ganzen Desaster spielte.

Aha.

Sie staunen. Immerhin sagt Herr Ackermann selbst, dass die Hauptschuldigen die Banken sind. Das ist doch schon mal etwas. Im Übrigen ist die gesamte Anklageschrift durch ein hohes Maß an Einseitigkeit gekennzeichnet. Sie ist so undifferenziert, dass die Verteidigung viele gute Argumente vertragen kann.

Argumentieren Sie jetzt als Verteidiger oder glauben Sie das wirklich?

Ich sehe das persönlich so. Zum Beispiel heißt es: Es gebe keinen Fall in der Geschichte der Bundesrepublik, der ein vergleichbares Ausmaß von Demokratieversagen aufweist wie die Rettung der Banken. Diesen Satz finde ich schlichtweg Nonsens. Damit wird eine Korrumpierung des Staates durch die Banken unterstellt. Im Gegensatz zur Anklageschrift finde ich, dass die deutsche Demokratie in der Finanzkrise einen eindrucksvollen Beleg für ihre Stabilität und Leistungsfähigkeit geliefert hat. Angela Merkel und Peer Steinbrück, unterstützt von Josef Ackermann, haben in der entscheidenden Phase dafür gesorgt, dass Schlimmeres verhindert wurde.

Wenn nicht Ackermann - wer sonst sollte Ihrer Meinung nach für die Krise verantwortlich gemacht werden?

Wir verengen den Blick zu sehr, wenn wir einen einzelnen Banker herausgreifen. Es wird verkannt, dass dieses Desaster auf eine gesellschaftliche Entwicklung zurückzuführen ist, die sehr viel mit Maßlosigkeit zu tun hat. Die Schuldenwirtschaft haben wir alle über Jahre hinweg betrieben.

Aber steht Ackermann nicht symbolisch genau für eine solche Entwicklung?

Ich verstehe ja, dass es plakativ ist, einen einzelnen Banker herauszugreifen. Aber wenn man schon jemanden anklagen will, würde ich einen angelsächsischen Banker nehmen.

Sie plädieren für ein internationales Tribunal?

Zumindest ist das Tribunal an diesem Wochenende in Berlin eine Verengung auf den nationalen Blick, die angesichts der globalen Ursachen dieser Krise nicht zulässig ist. Was hätten denn die deutschen Politiker gegen die ausufernde Liberalisierung der internationalen Finanzmärkte in den vergangenen 20 Jahren machen sollen? London und Washington haben sie vorangetrieben. Die Deutschen mussten nachziehen, um die heimischen Banken nicht nachhaltig zu schwächen.

Was es nicht besser macht.

Die Deutschen haben sich nicht durchsetzen können, weil die anderen nicht mitmachten. Aber der Wille war da.

Wenn Sie auch als Verteidiger agieren, nehmen Sie doch immerhin teil an dem von Attac organisierten Bankentribunal. Warum?

Ich bin enttäuscht von der Anklageschrift. Grundsätzlich finde ich aber gut, dass es eine öffentliche Auseinandersetzung gibt. Meine Hoffnung ist, dass es auf diesem Tribunal nicht zu einseitig wird, sondern sich offen auseinandergesetzt wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • JS
    Johan Schreuder

    Also wer so was glaubt hat echt keine Ahnung. Wie viel hat Ackergaul von der Täusche Bank hierfür springen lassen??

  • H
    harun

    herr kadens kritik an der these der banker als hauptschuldigen der gegenwärtigen globalen wirtschaftskrise ist von der marxschen tiefenanalyse des kapitalismus her c.grano salis richtig:

    der durch die ökonomischen fetische(ware,geld,kapital)unerkannte zwang der mehrwertproduktion, der den ökon.akteurInnen auferlegt wird und der sie nach marx als bloße charaktermasken agieren läßt, verbietet es, von einer subjektiven alleinschuld irgend eines ökon. akteurs im kapitalist. universum zu sprechen.

    niklas luhmann, louis althusser haben jeder von seiner großtheorie her, von der systemnatur des kapitalismus gesprochen. robert kurz hat für die brd auf wertkritischer seite das verdienst, diesen gesichtspunkt auch für marxens kapitalismusanalyse in den mittelpunkt zu rücken.

    allerdings ist seine these vom strukturellen antisemitismus m.e. falsch und politisch geradezu verhängnisvoll- besonders in politicis- die da lautet, jeder der einen finanzkapialisten wie etwa den herrn ackermann in einer verkürzten kapitalismuskritik als übeltäter brandmarkt sei de facto ein "struktureller antisemit"(weil "raffendes kapital").das bedürfte dringend einer schrfen auseinandersetzung.

    mit kurz und kaden kann man sagen, daß gewisse ökon. systemzwänge mächtig sind und "hinter dem rücken"(hegel) die ökon.akteure fremdbestimmen.kaden sagt das so nicht, aber vielleicht kommt er dem etwa nahe.aber diese heteronomie ist begrenzt.

    gegen beide ist im nämlich sinne der attac-anklageschrift, soweit ich sie aus den medien kenne-einzuwenden , daß herr ackermann seine spielräume des profitzwangs maximalisiert hat(z.b.brutale massenentlassungen zwecks profit einseitig für die anleger-dividenden!) statt sie, wie ein wirtschaftsethiker der uni sankt gallen sagt, auch nach sozialethischen gesichtspunkten bloß zu optimieren! und d a entstand mit-schuld am ausmaß der krise- nicht an ihrem bloßen eintreten.

    auch und trotz profitzwangs kann ein manager wie a. sehr wohl die produkte, die er kauft und verkauft, die partner, die er wählt(!)und das wohl seiner mitarbeiter antizipieren und f r e i brutalitäten vermeiden.

    was ackermann und alle ökon.manager nicht erkennen können, wollen-obwohl sie es könnten-,den absoluten rückgang der weltmehrwertmasse als tiefste hauptursache der heutigen giga-.krise, daran ist wie bei so vielen wirtschaftsjournalisten evtl. wirklich ökon. fetischismus und charaktermasken-status schuld- dagegen hilft nur marx wiederlesen und auch eine kritische auseinandersetzung mit heutigen marxistischen krisentheorien wie die der nürnberger wertkritiker.