piwik no script img

Prügelnde Polizisten in PortugalGewalt in der Krise

In Lissabon wird aus der Meisterfeier eine Straßenschlacht: Ein Fußballfan wird ohne ersichtlichen Grund von Beamten verprügelt – vor seinen Kindern.

Mehrere Polizeibeamte prügeln auf José Magalhaes ein. Bild: ap

MADRID taz | Die Bilder sind brutal. José Magalhaes verlässt mit seinem Vater und seinen beiden Kindern am Sonntag das Stadion von Guimarães, in dem ihr Klub Benfica Lissabon soeben die Meisterschaft gewonnen hat. Im Stadion gerieten die beiden rivalisierenden Fanblocks aneinander. Die Polizei versagte total.

Ein Beamter geht auf Magalhaes zu, spricht ihn an. Ohne sichtlichen Grund stößt der Polizeibeamte – Chef der örtlichen Kriminalpolizei – den Mann um. Der Großvater wird ebenfalls weggeschubst. Mehrere Polizeibeamte prügeln wie besessen auf den am Boden liegen Magalhaes ein. Eines der beiden Kinder heult: „Mein Papa hat nichts getan.“ Drei Polizisten drängen den Kleinen ab. Die Prügelorgie geht weiter.

Ein Video davon verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die sozialen Netzwerke, wird im Fernsehen gezeigt. In Lissabon wird aus der Feier des Meistertitels eine Straßenschlacht. 26 Fans werden verhaftet, unzählige verletzt.

Im Netz entstehen mehrere Facebookseiten, die Ermittlungen gegen die Polizisten und den Rücktritt des Kriminalpolizisten Silva fordern. Portugal ist geschockt, denn die Portugiesen halten sich für ein friedliches Völkchen und sind es eigentlich auch. Der Sturz der Diktatur 1974 ging gewaltfrei über die Bühne. Die Nelke und nicht das Gewehr wurde zu ihrem Symbol.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Selbst nachdem 2008 die Krise begann und Portugal 2011 unter den EU-Rettungsschirm schlüpfte und seither mit aller Härte dem Troika-Spardiktat ausgesetzt ist, blieben die sich häufenden Proteste friedlich. Erst 2012 – nach einem Generalstreik – kam es erstmals zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei. „Sie sagen von uns, dass wir alles aushalten. Aber das ist falsch“, erklärte damals ein aufgebrachter, älterer Herr gegenüber der Presse.

Dennoch ist auch weiterhin Gewalt eher die Ausnahme. Doch ein Blick in die Statistiken zeigt, die portugiesische Gesellschaft verroht. Die Gewalt an den Schulen nimmt zu, häusliche Gewalt ebenfalls. Und Überfälle und Diebstähle enden immer öfter mit Verletzten oder gar mit Toten. Auch in den Stadien ist die Zahl der Angriffe auf Polizeibeamte seit 2010 um mehr als 70 Prozent gestiegen.

„All das verschärft sich in der Krise“, erklärte am Sonntag der Juraprofessor Marcelo Rebelo de Sousa im Fernsehen. Er ist der Vorsitzende der regierenden konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD), die für die Sparpolitik verantwortlich ist. Diese Politik hat Portugals Bevölkerung verarmen lassen, wie sonst nur die Griechen und Spanier.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!