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Prêt-à-PorterRosa glasierte Artemis

■ Kollektionen von Chloe, Dior und ein harter Schlag für Armani

Das Nachdenken über neue Kragenformen ist eine ernste Sache. Das versteht man sofort, sieht man die Aufmachung der Models: Sie sehen alle aus wie frisch geschrubbt. Das Haar glänzt und ist vom Fönen ein bißchen zersaust. Auch das Make-up ist „natürlich“. Keiner, der ein bißchen auf den Putz haut?

Immerhin, da ist Chloe. Im Oktober hatte die 25jährige Stella McCartney, Tochter von Sir Paul, dort Karl Lagerfeld als Chefdesignerin abgelöst. „Hoffentlich ist sie so gut wie ihr Vater“, hatte Lagerfeld seine Demission knurrend kommentiert. Nun, tatsächlich erinnert sie mehr an ihre Mutter. Linda McCartney war ein Mädchen, das in den 60ern mit Popstars rumhing. Stella McCartney, so scheint es, schöpft ihre Inspirationen aus dieser Groupie-Vergangenheit ihrer Mutter. In dieser Kollektion zeigte sie scharf geschnittene graue oder schwarze Anzüge mit stark taillierten Jacken und weiten geraden Hosen. Eine offene Jacke zeigte darunter die großzügig aufgeknöpfte Bluse, die den Busen freilegte wie eine warmherzige Geste. Weiter gab es hautenge Kleider aus rosa oder türkisem Satinstretch und aus schwarzem Leder mit interessanten Reißverschlüssen: Bei einigen Hosen führt er vom Bauchnabel zwischen den Beinen durch und hinten wieder hoch. Bei den Kleidern zog der Reißverschluß in Serpentinen um den Körper. Wenn man dran zieht, muß man um das Mädchen rumwandern, keinen Teil des Körpers außer acht lassend. Man schält sie quasi aus dem Kleid wie eine Orange.

Die Abendkleider waren in einem zuckrigen Grün und Rosa, daß schon beim Hingucken die Backenzähne schmerzten. Erstaunlich vor allem eines, das über und über mit bestickten Stofflappen behängt war, deren Form vage an Brüste erinnerte. Aus der Ferne sah es einen schaurigen Moment lang aus, als käme die Artemis von Ephesos angeschritten. In glasiertem Rosa.

Bei Dior mochte man kaum hingucken: Es ist schrecklich zu sehen, wie Galliano dort vor die Hunde geht. Letztes Mal war er kritisiert worden, weil er fast nur Abendkleider gezeigt hatte. Diesmal gab's fast nur Tagesmode. Galliano nennt es Tango- Sportswear. Das bedeutete wattierte Jacken mit hoher, gesmokter Taille. Der Stoff darüber war quer abgesteppt, so daß er sich wie kleine Reifen um Arme und Brust legte. Das sah aus, als trüge das Michelinmännchen ein kleines Korsett. Einige dieser Jacken hatten riesige Kapuzen, die in der Mitte aufgeschnitten waren, so daß sie wie eine Pellerine, besetzt mit lila und gelb eingefärbtem Pelz, über den Rücken hingen. Die Röcke der pinkfarbenen Kostüme aus Wolle oder Seidenjacquard ähneltem einem Kilt. Die Jacken hatten lange Schalkragen, die vorn bis auf die Hüften herabhing und mit kanariengelben Wollfransen besetzt waren. Ein Biaskleid aus pinkfarbenem Jacquard hatte am Busen einen Einsatz aus gelber Spitze, der darüber nahtlos in orangefarbenen Strick überging.

Mit Spitzen besetzte Sportswear – dann doch lieber ein Trapezkleid. Mit anderen Materialien wäre es vielleicht eine grandiose Kollektion geworden. Bei den Kleidern die er für sein eigenes Label macht, ist der Kitsch immer wild und romantisch. Bei Dior ist er nur protzig. Anders gesagt: vulgär.

„Ein harter Schlag für Armani“ meldet der Figaro: Das große Zelt, das auf dem Platz Saint Sulpice, direkt vor den Läden von Yves Saint-Larent und Christian Lacroix, für die Schau von Emporio Armani aufgebaut worden war, entsprach nach den Angaben der Pariser Polizei nicht den Sicherheitsbestimmungen. Aus ist es mit dem Defilee. Liebt die Pariser Polizei nur den Pariser Chic? Anja Seeliger

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