Prozess zu Silikonimplantaten: Wer ist schuld an Billigbrüsten?
Der erste Prozess um billige Brustimplantate der Firma PIP hat begonnen. In der ersten Verhandlung konnte der Richter kein Versagen deutscher Behörden erkennen.
KARLSRUHE dpa/dapd | Im Schadenersatzprozess um Brustimplantate aus Billig-Silikon sieht das Landgericht Karlsruhe keine Anhaltspunkte für eine Verantwortlichkeit deutscher Behörden. Die französische Aufsichtsbehörde habe erst 2010 vor den mangelhaften Implantaten des Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) gewarnt, sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter Eberhard Lang in der mündlichen Verhandlung. Das spreche dagegen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuvor eine Pflicht zum Einschreiten gehabt habe.
Eine Frau aus Baden-Württemberg fordert Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 bis 30.000 Euro. In dem Zivilverfahren müssen sich fünf Beklagte verantworten, darunter der Chirurgen, der der Frau die Implantate im Jahr 2007 eingesetzt hatte. Er habe sie unzureichend aufgeklärt und die Implantate von PIP als besonders sicher dargestellt, heißt es in der Klage.
Der Vorsitzende Richter bemängelte allerdings, dass die Kontrollen des TÜV Rheinland zumindest dem Gericht gegenüber nicht ausführlich genug dokumentiert worden seien. Es seien aber keine konkreten Versäumnisse des TÜV dargelegt. Der TÜV hatte die Implantate als Medizinprodukte zertifiziert.
In Karlsruhe wird seit Dienstagmorgen über die erste Schadenersatzklage in Deutschland seit dem PIP-Skandal verhandelt. Das Unternehmen hatte über Jahre hinweg Brustimplantate verkauft, die mit Industriesilikon gefüllt waren, das dafür nicht zugelassen ist. In Deutschland sind nach Behördenangaben rund 5.000 Frauen betroffen. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, wurde zunächst nicht bekanntgegeben.
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