Prozess wegen Unterstützung der PKK: Das erste Mal seit den Nazis

Ein dänisches Gericht entzieht dem kurdischen Sender Roj-TV die Sendelizenz. Der Kanal habe gegen Antiterrorgesetze verstoßen.

Sympathiebekundungen – aber für wen? Bild: ap

STOCKHOLM taz | Der in Dänemark stationierte kurdische TV-Sender „Roj TV“ verliert seine Sendelizenz. Begründung: Er habe aufgrund der in seinem Programm zutagegetretenen Unterstützung für die PKK gegen die Antiterrorgesetzgebung verstossen. Diese Entscheidung fällte am Mittwoch das „Østre Landsret“, das Oberlandesgericht Kopenhagen, und verurteilte die Betreiber des Senders gleichzeitig zu einer Geldstrafe von umgerechnet 1,35 Millionen Euro.

Das Gericht in Kopenhagen wirft „Roj TV“ in seinem mehr als 100-seitigen Urteil vor, mit seinen Sendungen die Ziele der PKK fördern zu wollen. Und diese sei laut Einschätzung von UN und EU eine terroristische Organisation. Zwar seien reine Sympathiebekundungen selbst für Terrororganisationen nicht strafbar, erklärte der Vorsitzende Richter: Aber im Falle „Roj TV“ gehe es nicht um Sympathie und auch nicht um unabhängigen Journalismus.

Es herrsche eine „einseitige, parteiische und unkritische“ Auswahl von Themen und Meinungen, die man zu Wort kommen lasse, man vermittle lediglich Botschaften und dazu gebe es einen „glorifizierenden Sprachgebrauch“. Der im März von der PKK verkündete Waffenstillstand spiele für das Verfahren keine Rolle. Eine umfangreiche Beweisaufnahme habe auch ergeben, dass der Sender von der PKK kontrolliert und teilweise von ihr finanziert worden sei.

Mit dieser Entscheidung ging ein achtjähriger Rechtsstreit um das Schicksal des seit 2004 von Dänemark aus betriebenen Exilsenders zu Ende. Schon kurz nachdem dieser den Sendebetrieb aufgenommen hatte, zeigte ihn die türkische Botschaft in Kopenhagen wegen Verstoß gegen die dänische Antiterrorgesetzgebung an und forderte einen Widerruf der Sendelizenz.

Die Justiz ließ sich viel Zeit und erhob erst 2010 Anklage. Medien vermuteten einen Kuhhandel: Die Türkei soll ihre Zustimmung zur Wahl des dänischen Ex-Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen zum Nato-Generalsekretär von einem Vorgehen Kopenhagens gegen den Sender abhängig gemacht haben.

Mehr Politik als Justiz sei dieses Verfahren, kritisierte deshalb auch Bjørn Elmquist, einer der „Roj TV“-Anwälte. Das Urteil sei ein Verstoß gegen die Meinungsfreiheit und stehe im Widerspruch zur Rechtssprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs. Sein Kollege Steen Bech sprach von einem Novum: Erstmals seit der Nazibesetzung Dänemarks werde ein Medium der Terrorpropaganda für schuldig befunden.

Und auch einer der Richter des „Østre Landsret“ zeigte sich kritisch und gab ein Minderheitsvotum ab: Er sieht einen Konflikt zwischen der Antiterrorgesetzgebung und dem Recht auf Meinungsfreiheit und votierte für Freispruch.

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