Prozess in den Philippinen: Drahtzieher von Massaker vor Gericht
Der mutmaßliche Haupttäter des Verbrechens von November 2009, das 57 Tote verursacht hat, ist angeklagt. Ein Test für die Justiz der Philippinen.
MANILA taz | Bei der ersten Zeugenaussage am Mittwoch verging dem Hauptangeklagten Andal Ampatuan Junior sein Dauergrinsen: Detailliert schilderte ein ehemaliger Haushaltsgehilfe der Familie, wie der Clan das Massaker minutiös geplant habe. Am Tag der Morde selbst habe Ampatuan Junior seinem Vater über Handy berichtet, dass der Autokonvoi der Opfer gerade in Sichtweite gekommen war.
"Töte sie alle, nur die Medienvertreter nicht", habe der Patriarch seinen Sohn angewiesen. Doch dieser erklärte, alle umbringen zu wollen: "Sie werden reden, wenn wir sie nicht ausschalten." Jetzt wird Andal Ampatuan Junior, Sprössling eines der mächtigsten muslimischen Clans in den Südphilippinen, in der Hauptstadt Manila der Prozess gemacht.
Das Massaker, bei dem 57 Menschen bestialisch ermordet wurden, ereignete sich am 23. November 2009. Bei den Opfern handelte es sich unter anderem um Angehörige eines politischen Rivalen, der für das Amt des Gouverneurs in der südphilippinischen Provinz Maguindanao kandidieren wollte. Das Amt hatte damals Ampatuan Senior inne.
Die Familienmitglieder seines Rivalen Ismael Mangudadatu, Vizebürgermeister von Buluan, waren auf dem Weg in die Provinzhauptstadt, um die Unterlagen für seine Kandidatur im Mai dieses Jahres einzureichen. Unter den Toten befanden sich auch 30 Journalisten, die den Konvoi begleitet hatten.
Die Justiz wirft Andal Ampatuan Junior vor, er habe mehr als einhundert Bewaffnete der familieneigenen Miliz angeführt und selbst auch einige Opfer erschossen. Viele waren brutal misshandelt und anschließend in einem bereits ausgehobenen Massengrab verscharrt worden. In Zusammenhang mit dem Massaker werden etwa 200 Personen beschuldigt, darunter auch Clan-Chef Ampatuan Senior.
Das jetzige Verfahren gegen dessen Sohn gilt als Test dafür, inwieweit die Justiz und die Regierung unter dem neuen Präsidenten Benigno Aquino bereit ist, selbst mächtige Clanmitglieder hinter Gitter zu bringen. Aquinos Vorgängerin, die bis Juni amtierende Gloria Arroyo, war jahrelang politisch eng mit den Ampatuans verbandelt gewesen.
Verwandte der Opfer sowie Menschenrechtler hatten die schleppenden Ermittlungen und zeitlichen Verzögerungen des Prozesses kritisiert. Zeugen seien massiv eingeschüchtert worden. Mindestens fünf von ihnen seien zudem seit November ermordet worden, darunter einer, der konkrete Aussagen über die Beteiligung von Ampatuan Junior hätte machen können, so Human Rights Watch.
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