Prozess gegen französische Castorgegner: Ziviler Ungehorsam vor Gericht
Der diesjährige Castortransport wurde bereits in Frankreich gestoppt. In Caen müssen sich jetzt sieben Atomkraftgegner vor einem Strafgericht verantworten.
PARIS taz | Es war der 5. November, als es den Atomkraftgegnern der französischen Groupe d'Actions Non-Violentes Antinucléaires, kurz Ganva, gelang, den Castortransport nach Gorleben bereits eine Stunde nach seinem Start kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof von Caen in der Normandie zu stoppen.
Mehrere Mitglieder hatten sich an den Schienen festgemacht. Ordnungspolizisten ärgerten sich über den Zwischenfall und räumten die Gleise rücksichtslos. Am Mittwoch stehen die Aktivisten vor dem Strafgericht von Caen. Die Anklage: mutwillige Behinderung des Schienenverkehrs. Für Frankreich ist es der bisher größte Prozess wegen zivilen Ungehorsams gegen die Atomindustrie.
Für die Angeklagten steht die Gewalttätigkeit der Polizei im Vordergrund. "Die CRS waren sehr nervös", berichtet einer von ihnen. Diese Hast sei auf Kosten der Sicherheit gegangen: "Wir waren angekettet, aber es war doch die Verantwortung der Polizei, unsere physische Integrität zu respektieren."
Drei Ganva-Aktivisten wurden bei der Räumung verletzt. Zwei von ihnen erlitten Verbrennungen, einem dritten wurden zwei Sehnen an der linken Hand durchtrennt. Er musste sofort operiert werden. Beim Verlassen des Krankenhauses wurde er mit sechs seiner Freunde festgenommen und nur gegen Zahlung einer hohen Kaution freigelassen. Seitdem mussten sie sich regelmäßig polizeilich melden.
Die im Netzwerk Sortir du Nucléaire zusammengeschlossenen Atomkraftgegner sprechen von einem Versuch, die gewaltlosen Protestaktionen zu kriminalisieren. Sie wollen sich mit einer Kundgebung wehren, die ab Mittag vor dem Gerichtsgebäude von Caen stattfinden soll. "Hat der Willen der Regierung und der Atomlobby, den Castorkonvoi um jeden Preis durchfahren zu lassen, zu dieser Brutalität der Polizeikräfte geführt?", fragt Ganva, die zu Spenden aufruft.
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