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Prozess gegen Pussy RiotBriefe und Bomben

Die Anklage gegen die Band Pussy Riot führt zu Protest in England und Russland. Musiker schreiben in der „Times“ von absurden Vorwürfen. Unbekannte drohen mit einer Bombe.

Bekommt keine Freiheit, aber viel Aufmerksamkeit: Nadezhda Tolokonnikova von Pussy Riot. Bild: dpa

LONDON/MOSKAU afp/dpa | Mehrere britische Musiker haben in einem gemeinsamen Aufruf an Russlands Staatschef Wladimir Putin einen fairen Prozess für die Sängerinnen der Punkband Pussy Riot gefordert.

Die Gruppe, darunter die Musiker der Pet Shop Boys sowie die Frontmänner von Franz Ferdinand und Pulp, bezeichnete die Vorwürfe gegen die Frauen in einem am Donnerstag in der Times veröffentlichten Brief als absurd.

„Eine andere Meinung zu haben, ist in jeder Demokratie ein Grundrecht“, heißt es in dem Brief. Den Russinnen drohen bis zu sieben Jahre Gefängnis, weil sie in einer Moskauer Kirche die Gottesmutter angefleht hatten, Russland von Putin zu erlösen.

Putin reist am Donnerstag zum ersten Mal seit neun Jahren nach London. Dort will sich er sich Judo-Wettkämpfe ansehen und sich mit dem britischen Premierminister David Cameron über Syrien beraten. Britische Medien vermuten, dass Cameron auch den international umstrittenen Pussy-Riot-Prozess ansprechen werde.

Gericht mit Bombe bedroht

Ebenfalls am Donnerstag wurde in Russland das Moskauer Gericht, in dem der Prozess stattfindet, geräumt. Grund war eine anonyme Bombendrohung. Das berichtete die Zeitung Nowaja Gaseta im Internet. Wie die russische Agentur Interfax mitteilte, habe sich diese Drohung jedoch als falsch herausgestellt.

Die Pressesprecherin des Moskauer Bezirksgerichts, Darja Ljach, erklärte vor dem Gerichtsgebäude, ein anonymer Anrufer habe am Telefon davon gesprochen, dass das Gericht vermint sei. Anschließend habe er die Worte „Freiheit für Pussy Riot!“ gerufen. Daraufhin war das Haus geräumt worden. Die Polizei rückte mit Spürhunden an.

Befangene Richterin

Vor der Bombendrohung warfen die Angeklagten der Richterin vor, sie sei befangen. Marina Syrowa würde Anträge der drei inhaftierten Künstlerinnen ignorieren, sagte Maria Aljochina von der Band Pussy Riot. Sie stellte erneut einen Befangenheitsantrag. Die jungen Frauen klagen über zu wenig Schlaf und Essen.

Die drei Sängerinnen Maria Alechina, Nadeschda Tolokonnikowa und Jekaterina Samuzewitsch stehen seit Montag vor Gericht. Ihnen wird "Rowdytum" vorgeworfen. Die Band, zu der noch weitere Sängerinnen gehören, hatte im Februar in einer Moskauer Kathedrale aus Protest gegen den damaligen Ministerpräsidenten Putin ein Punk-Gebet gesungen. Am Mittwoch hatte Alechina vor Gericht einen Schwächeanfall erlitten.

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23 Kommentare

 / 
  • BG
    Bernd Goldammer

    @ Croton: Wie bist du denn drauf? Ach so! Russenhass ist deutsche Regierungs- und Medienpolitik. So gesehen bist du natürlich ein gaaaanz braves Menschlein. Instinkt sagt dir, wann du treten kannst ohne einen Hammer zurück zu bekommen. Dann lässt du deine Hass- Reflexe spielen. Einfach niedlich!

  • U
    uncool

    Putin blamiert sich doch bis auf die Knochen. Spätestens wenn Cameron im vertraulichen 4-Augen-Gespräch ein paar Takte dazu einfallen, wie in GB mit Provakationen ähnlicher Art traditionell umgegangen wird, müsste P. vor Scham im Boden versinken.

  • DA
    Der Alzheimer Bote

    @Moxie: Das schlimme ist dass man dir spontan zustimmen könnte - wäre da nicht ein gravierender Unterschied:

     

    'Rechte' in einer Moschee, wo auch immer, das würde vermutlich blutig ausgehen, ich kann mir aber schlecht vorstellen dass Christen, wenn auch orthodoxe, von angeblich 'Linken', in diesem Fall lediglich politischen Provokateuren etwas zu befürchten hätten.

    Und bei diesem Fall geht es schlichtweg um einen unfairen Prozess bei dem die Menschenrechte in Gefahr sind.

    Der Alzheimer Bote

  • SJ
    Stefan Jahn

    @ Moxie:

     

    Wenn "rechte deutsche Männer" Veranstaltungen stören, tun sie das, um Faschismus, Rassismus, Antisemitismus und vielen anderen Mist salonfähig zu machen bzw. ihre politischen Gegner einzuschüchtern.

    Deswegen berichtet die taz in solchen Fällen auch zu recht kritisch.

    Wenn dich sowas stört, lies doch (weiterhin?) rechtsextreme Zeiungen wie "Junge Freiheit".

  • C
    Croton

    Putin ist ein Faschist, kein Demokrat.

    Als Faschist und Menschenfeind wird er "Blut" sehen wollen

    Appelle für Demokratie werden da nichts bringen.

     

    Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Die Freiheit endet, wo die Rechte Dritter verletzt werden. Diese Aktion wird Putin, dort wo er gewählt wird, viele weitere Sympathien als Durchsetzer von Recht und Ordnung einbringen. Die drei kleinen Dumpfbacken haben kein Unrechtsbewusstsein. Andernfalls hätten sie sich für diese Nummer wenigstens entschuldigt. Sie wollen Polit-Stars werden und wenn es nur damit geht, dass sie in Kirchen eindringen und sie zu ihrem Blödsinn missbrauchen, dann tun sie es halt. Sie hatten allerdings nicht damit gerechnet, gegebenenfalls einen entsprechenden Preis dafür zahlen zu müssen. Schuld sind aber all jene, die die Eitelkeit der Kinderchen für sich missbraucht haben, den Plan ausheckten und mit ihren Kameras absprachegemäß vor Ort gewesen sind. Für ausländisches Geld und etwas Täter- Interesse , darf man nirgendwo tun, was man will. Hier ein Auszug aus dem deutschen Strafgesetzbuch. § 167

    Störung der Religionsausübung

     

    (1) Wer

    1. den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft absichtlich und in grober Weise stört oder

    2. an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt,

     

    wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

     

    (2) Dem Gottesdienst stehen entsprechende Feiern einer im Inland bestehenden Weltanschauungsvereinigung gleich.

  • H
    HeyDa

    Hallo Moxie

     

    der Protest gegen die russische Justiz ist doch vor allem deshalb entstanden, weil man in Russland für die Verunglimpfung des Staatsoberhaupts für mehrere Jahre ins Straflager kommt.

    Da sich die Kirche in Russland mit der Wahlempfehlung für Putin in die Politik eingemischt hat, muss es die Kirche auch aushalten, wenn in ihren Räumen (Kirche) auch andere Meinungen mitgeteilt werden.

  • MM
    @ Moxie

    und was würde ihnen dann drohen..?!

    bei erstvergehen mit sicherheit keine gefängnisstrafe, geschweige denn 7 jahre!

  • P
    Patrick

    Gewiss, man würde ungesäumt die Todesstrafe fordern... Dein Kommentar steht doch ohne jeglichen Bezug zum Inhalt des Artikels, Moxie. Dein Schwadronieren klingt ja fast absurder, als die Anklageschrift, womit wir endlich den Bezug hergestellt hätten!

  • N
    nutzen

    Strafe ist nur ein Zeugnis von Schwäche und macht Putin nur noch kleiner. "Gerecht" wäre, wenn er die Mädels mal locker nimmt und in seinem Land ein paar andere Kameraden verknackt. Dazu fehlt dem Mann das Volumen. Aber solche Schwächlinge gibt es hierzulande ja auch genügend...

  • F
    flipper

    @Moxie:

    Na klar, die Taz würde mindestens sieben Jahre ohne Bewährung und Kaution fordern, bzw. eigentlich am liebsten die Todesstrafe. Denn "Rufe nach strenger Bestrafung" sind in der Taz ja allgemein an der Tagesordnung. Zumindest wenns gegen "rechte deutsche Männer" geht wohlgemerkt.

    Komisch, meine Kommentare kommen jedes 2.Mal nicht durch in der ach so linken Taz, aber derartiger Blödsinn immer wieder... Denkens mal drüber nach, Herr (?!) Moxie!

    Aber im Ernst, die Kommentarfunktion ist wirklich ärgerlich: Keine Bestätigung dass der Kommentar abgeschickt wurde und dann eben ständig welche die aus unerfindlichen Gründen nicht durchkommen!!

  • A
    axelarend

    Im Gegensatz zu den Damen würden sie einen fairen Prozess und eine recht milde Bewährungsstrafe bekommen. Sowohl die rechten als auch die "rechten" deutschen Männer hierzulande doch mit Samthandschuhen angefasst, wenn sie nicht gerade hofiert werden.

  • K
    Klaro

    Klaro Moxie!

     

    Die Taz verkennt, dass es sich hier um Terroristen handelt. Denn nichts anderes sind sie doch, die gegen Putin, egal in welcher Form auch immer, aufbegehren.

     

    Fähnchenführer schwenkt die Fahne und singt das Lied vom heiligen Informationskrieg.

  • M
    Maiguss

    @Moxie:

     

    So ein Quatsch! Als ob man das auch nur ansatzweise vergleichen könnte! Es handelte sich um eine Kritik an der Regierungsspitze, nicht um die Verurteilung einer großen Menschengruppe voller einzelner Individuen allein wegen ihres Glaubens. Die guten "rechten deutschen Männer"...Möge Gott euch Hirn schenken, so dass ihr keine rechten deutschen Männer mehr sein braucht!

  • M
    Maiguss

    @Moxie:

     

    so ein Quatsch! Als ob man das auch nur ansatzweise vergleichen könnte! Es handelte sich um den Protest gegen ein Staatsoberhaupt, nicht gegen eine Gruppe von Menschen, die als gleich stilisiert wird wie die guten "rechten deutschen Männer" (schon für den Begriff gehört dir eine gewatscht) es den Moslems aus Dummheit vorwerfen. Es ging um Regierungskritik, nicht um Glaubenskritik.

     

    Herrgott schenk den rechten deutschen Männern Hirn!

  • N
    Naja

    @Moxie,

    genau so sieht es aus.

    Bei der taz wird sich wie folgt aufgeregt:

    1) politisch rechts... geht garnicht....Empörung pur..

    2) Eine oder mehrere Frauen....geht üüüüberhaupt nicht..Empörung...

    3) Etwas gegen Christen oder Russland....Bravo...Jawoll...endlich....

  • I
    IvanderSchreckliche

    @Moxie

    Das können Sie doch nicht ernst meinen. Hier geht es nicht darum, dass ein paar Frauen den Gottesdienst gestört haben, sondern in einer angeblichen Demokratie verfolgt und mit Freiheitsentzug bestraft werden weil sie ihren Unmut über die russische Politik äußern.

     

    Da angemeldete Demonstrationen (falls sie nicht im Voraus verboten werden) meist von OMON-Einheiten niedergeprügelt werden und jegliche Berichterstattung zu nichte gemacht wird, ist Provokation der einzige Weg auf sich aufmerksam zu machen. Würden Sie die Situation in Russland kennen, wüssten Sie wie verzweifelt dort die politisch interessierten Menschen sind.

     

    Drecks-Nazis die eine Moschee stürmen, um ihrem Hass auf Dinge die sie nicht verstehen freien Lauf zu gewähren sind in Ihren Augen also mit politisch Verfolgten gleichzusetzen?

  • I
    incredibleOT

    dachte, da war zu der zeit gar kein gottesdiesnt...

     

    aber sieben jahre würde hier dafür auch keinem drohen...

  • E
    Eva

    @moxie

     

    Es wäre ja auch ganz etwas Anderes!..Eine diskriminierende Pöbelei gegen eine Minderheit aus der zu Unrecht vermuteten Mehrheitsposition heraus.

    Hier aber lehnen sich diskriminierte Minderheiten gegen eine Willkürherrschaft auf, die gerade droht zwischen Kirche und Staat in Russland zusammenzuwachsen.

  • N
    nedu

    @moxie - hätte rechte deutsche männer in einer berliner moschee die mutter mohammeds angefleht, sie von frau merkel zu erlösen, wären sie keine rechten deutschen männer, sondern mitarbeiter der titanic.

  • V
    vic

    Weil sie die Gottesmutter (who`s that girl?) angefleht haben.

    Seltsamer Glaube, der sowas unter Strafe stellt.

  • DS
    Dr. Schreck

    Genau, Moxie. Sieben Jahre Knast für Zwischenrufe! Nazis voran, dann aber alle anderen hinterher! Und Ihr "Pff" ist eine herabwertende Äußerung. Darauf mindestens drei Jahre Straflager. Ein weiteres für die flapsige restliche Wortwahl.

     

    Mannmannmann...

  • M
    Moxie

    Pff. Hätten hier keine linken russischen Frauen in einer Moskauer Kirche, sondern "rechte" deutsche Männer in einer Berliner Moschee den Gottesdienst gestört, würde sich die taz nicht mehr einkriegen vor lauter Rufen nach strenger Bestrafung.