Prozess gegen G-8-Gegner von Genua: Jahre Haft für Pastaklau gefordert
Anklagen wegen Plünderungen und Landfriedensbruch: Die italienische Staatsanwaltschaft fordert hohe Strafen gegen Gegner des G-8-Gipfels 2001 in Genua.
Haft von sechs bis zu 16 Jahren: Drakonische Strafen beantragte die Staatsanwaltschaft Genua am Dienstag gegen zahlreiche Globalisierungskritiker. In dem Prozess gegen 25 Demonstranten geht es um die Ausschreitungen während des G-8-Gipfels vom Juli 2001, in deren Verlauf Carlo Giuliani durch einen Carabiniere erschossen wurde.
Doch während die Ermittlungen gegen jenen Carabiniere, Mario Placanica, schon früh eingestellt wurden, sollen die angeklagten Gipfelgegner jetzt wegen schweren Landfriedensbruchs und Plünderung verurteilt werden, wenn es nach den Staatsanwälten geht. Weitgehend unumstritten ist ihre Beteiligung an den Ausschreitungen, denn die Anklage stützt sich vor allem auf die Auswertung zahlreicher Videos und Fotos. So wurden gegen jenen jungen Mann, der mit einer Holzlatte auf den Carabiniere-Jeep losging, aus dem heraus Placanica dann schoss, neun Jahre Haft beantragt. Eine zum Black Bloc gehörende 41-jährige Frau, die einen Molotowcocktail gegen das Tor des Gefängnisses von Genua geschleudert hatte, soll gar für 16 Jahre ins Gefängnis.
Äußerst umstritten war im Prozessverlauf die Einordnung der angeklagten Taten. Die Staatsanwaltschaft zog sich auf eine reine Einzelfallbewertung zurück, die jeden geworfenen Stein, jede aus einem Supermarkt ausgeräumte Pasta-Packung (für ein Kilo Nudeln wurden sechs Jahre Knast beantragt) gleichsam "für sich" betrachtete. Diametral entgegengesetzt ist das Herangehen der Verteidiger: Sie fordern die Bewertung der Aktionen im Gesamtkontext der Geschehnisse von Genua.
So unterstreichen sie, dass die Krawalle, in deren Verlauf Carlo Giuliani erschossen wurde, durch eine massive Tränengas- und Schlagstock-Attacke der Polizei auf den genehmigten Demonstrationszug der "Disubbidienti" (der "Ungehorsamen" aus den besetzten autonomen Zentren) ausgelöst wurde. Die Brutalität dieses Einsatzes spielten die Staatsanwälte dagegen herunter, unter anderem mit dem Argument, ein Polizist könne im Gewühl nun mal nicht die bösen von den guten Demonstranten unterscheiden, wenn er mit dem Schlagstock hinlangt.
Ansonsten gaben sich die Staatsanwälte durchaus kritisch gegenüber der Polizei, die zum Beispiel bei dem Sturm auf die als Hauptquartier der Gipfelgegner dienende Schule - die Scuola Diaz - ein wahres "Massaker" veranstaltet habe. Doch die von der Polizei begangenen Verbrechen würden, so die Anklage, mit gleicher Härte in zwei anderen Prozessen verfolgt. Das stimmt: Gegen 29 Polizisten läuft die Verhandlung wegen des Sturms auf die Scuola Diaz; und 45 Beamte müssen sich wegen der Misshandlungen von hunderten gefangenen Gipfelgegnern in der Polizeikaserne Bolzaneto verantworten.
Doch einen entscheidenden Unterschied gibt es. Der Tatbestand Landfriedensbruch unterliegt keiner Verjährung - bei Verurteilung werden die Demonstranten ihre Strafen sicher verbüßen. Die den Polizisten vorgeworfenen Verbrechen dagegen werden bald verjährt sein, noch ehe ihre Prozesse durch alle Instanzen gegangen sein werden. Das Ergebnis: Alle Polizisten werden straffrei ausgehen und weiter ihren Dienst versehen. Denn disziplinarisch wurden sie nie belangt - sondern stattdessen meist befördert.
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