Prozess gegen Ägyptens Ex-Staatschef: Internationale Kritik an Urteilen
Mohammed Mursi war Ägyptens erster frei gewählter Präsident. Seit seinem Sturz laufen mehrere Verfahren gegen ihn. Nun erhält er erneut eine hohe Haftstrafe.
Sechs Mitangeklagten droht die Todesstrafe. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte die Urteile „erschreckend“ und forderte die Aufhebung der Todesstrafen. Katar erklärte, das Urteil entbehre jeder Grundlage und widerspreche den Tatsachen.
Die Richter hatten es als erwiesen angesehen, dass Mursi während seiner Amtszeit heikle Informationen an Katar weitergab. Zugleich bestätigte das Gericht die Todesstrafen gegen zwei Journalisten des von Katar finanzierten arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira sowie vier weitere Angeklagte. Insgesamt standen in dem Verfahren elf Beschuldigte vor Gericht. Gegen die Urteile kann Berufung eingelegt werden.
Mursis Strafe setzt sich zusammen aus einer Verurteilung zu lebenslanger Haft, die 25 Jahre dauert, sowie einer weiteren Verurteilung zu 15 Jahren Gefängnis, wie der Richter sagte.
Mursi war der erste frei gewählte Präsident Ägyptens. Im Sommer 2013 hatte das Militär Mursi nach Massenprotesten gegen ihn gestürzt. Seitdem geht Ägypten mit harter Hand gegen Islamisten vor.
Scharfe Kritik auch aus der Türkei
Das Todesurteil gegen sechs Angeklagte hatte der Richter bereits Anfang Mai vorläufig verhängt, es dann aber zur Überprüfung an Ägyptens Großmufti Schauki Allam überwiesen. Die beiden Al-Dschasira-Mitarbeiter und eine weitere Journalistin wurden in Abwesenheit verurteilt, da sie sich außerhalb des Landes aufhalten. Die Regierung in Kairo wirft dem Sender vor, die in Ägypten verbotenen islamistischen Muslimbrüder zu unterstützen.
„Ägyptens zerrüttetes und korruptes Justizsystem ist nicht viel mehr als ein willfähriges Werkzeug bei der Unterdrückung jeder Art von Opposition oder Kritik durch die Behörden“, erklärte Magdalena Mughrabi-Talhami, Vize-Direktorin für das Nahost- und Nordafrika-Programm von Amnesty International. Die lächerlichen Vorwürfe gegen die Journalisten müssten fallen gelassen werden.
Katar verwahrte sich insbesondere gegen die Nennung seines Namens in dem Urteil. Eine Anklage wegen Spionage für Katar sei ebenso erstaunlich wie inakzeptabel, erklärte der Sprecher des Außenministeriums. Das Außenministerium in Kairo warf Katar im Gegenzug vor, seit Jahren „Medienlautsprecher für Feindseligkeiten gegen Ägypten zu rekrutieren“.
Auch die Türkei, die ein enges Verhältnis zu der inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft in Ägypten pflegte, kritisierte das Urteil scharf. Es werde nicht zu Stabilität und Frieden in Ägypten beitragen, erklärte das Außenministerium in Ankara.
Mursi hatte bereits 2015 wegen Verschwörung zu einem Gefängnisausbruch während der arabischen Aufstände vor fünf Jahren eine Todesstrafe erhalten. Auch das damalige Urteil löste weltweit massive Kritik aus. Wegen Anstiftung zur Gewalt gegen Demonstrationen wurde Mursi in einem dritten Verfahren zu 20 Jahren Haft verurteilt. Alle Fälle sind noch nicht in letzter Instanz entschieden.
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