Prozess empört Rechtspopulist Wilders: "Rechtssystem in Nordkorea ist besser"
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders hat der Justiz vorgeworfen, einen politischen Schauprozess gegen ihn zu inszenieren - und dabei einen kruden Vergleich gezogen.
AMSTERDAM dpa | Aus Ärger über sein Verfahren wegen Volksverhetzung sowie Beleidigung von Muslimen hat der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders der Justiz vorgeworfen, einen politischen Schauprozess gegen ihn zu inszenieren. Selbst "das Rechtssystem in Nordkorea ist besser als das der Niederlande", schimpfte Wilders nach Medienberichten vom Donnerstag.
Die Rahmenbedingungen bei der Anhörung zu seinem bevorstehenden Prozess in Amsterdam nannte Wilders "schlimmer als im Archipel Gulag", berichtete die Zeitung "de Volkskrant". "Archipel Gulag" ist der Titel eines erschütternden Romans von Alexander Solschenizyn über die Zustände in sowjetischen Zwangsarbeitslagern für Regimegegner.
Wilders ist empört, weil Richter seine Beschwerde gegen den Volksverhetzungsprozess zurückwiesen hatten. Er soll am 20. Januar zunächst mit einer Beratung zu Verfahrensfragen beginnen. Das Hauptverfahren zu den inhaltlichen Punkten der Anklage soll erst nach den niederländischen Kommunalwahlen vom 3. März eröffnet werden, an denen Wilders sich mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) beteiligt.
Wilders Anwalt Bram Moszkowicz hatte bei der Einreichung der Beschwerde vergeblich argumentiert, die Islamkritik seines Mandanten sei keine Beleidigung einer Bevölkerungsgruppe und durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 46-jährige Oppositionspolitiker vor, er habe Muslime als Bevölkerungsgruppe insgesamt beleidigt, ihre Religion verunglimpft sowie andere Menschen zum Hass gegen Muslime und zur deren Diskriminierung angestachelt. Die Anklage stützt sich unter anderem auf Reden Wilders sowie auf den vom ihm produzierten und 2008 im Internet verbreiteten Kurzfilm "Fitna". Für das Propagandavideo wurden Bilder von blutigen Terroranschlägen mit kämpferischen Koranversen gemixt, um den Islam als blutrünstige Hassreligion darzustellen.
Mit Forderungen nach einem Verbot des Koran, den er mit Hitlers "Mein Kampf" verglich, einem Einwanderungsstopp für Muslime und einer Steuer auf Schleier und Kopftücher bei muslimischen Frauen ist Wilders in den letzten Jahren zu einem der populärsten Politiker der einst als besonders tolerant angesehen Niederlande geworden. Laut Umfragen würde seine Partei, die 2006 9 der 150 Parlamentssitze gewann, inzwischen bei nationalen Wahlen zweitstärkste politische Kraft nach dem regierenden Christdemokratischen Appell (CDA) von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende werden.
Knapp sechs Prozent der 16,5 Millionen Einwohner der Niederlande sind Muslime, wobei die meisten aus Marokko oder der Türkei abstammen. In den großen Städten ist ihr Anteil deutlich höher und erreicht in einigen Vierteln gut 30 Prozent.
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