Protokolle von Klimaktivist:innen: Überall Bewegung auf der Welt
In Uganda setzen Aktivist:innen auf Online-Kampagnen. In Brasilien wird gegen den Raub von Land demonstriert. Und in Kenia werden Bäume gepflanzt.
Im Jemen überschattet der Krieg die Klimakrise
Das Klima im Jemen ist bereits jetzt trocken und die Wasserressourcen sind knapp, sodass der Rückgang der Niederschläge und der Anstieg der Durchschnittstemperaturen die ohnehin schon schwierige Situation verschlimmern – insbesondere für die ländlichen Gemeinden, die von der Landwirtschaft abhängig sind und in denen 70 Prozent der jemenitischen Bürger:innen leben. Wenn es einmal regnet, kommt es zu Sturzfluten, die Häuser, Infrastruktur und landwirtschaftliche Flächen beschädigen.
Als ob der Krieg nicht schon genug Herausforderungen für die Menschen mit sich brächte, machen die Auswirkungen des Klimawandels ihr Leben noch schwieriger. Dennoch hat die Reaktion auf den Klimawandel keine Priorität – nicht nur für die jemenitischen Behörden, sondern auch für die internationale Gemeinschaft. Die Überbetonung der politischen und militärischen Aspekte des Krieges im Jemen droht Aktionen oder Sensibilisierungskampagnen zum Thema Klimawandel zu überschatten.
Hadil Al-Mowafak ist Klimaaktivistin und im Jemen geboren undaufgewachsen. Die Politikwissenschaftlerin hat in den USA studiert und lebt in Kalifornien.
Märsche gegen EU und belgische Regierung in Brüssel
Die Bewegung für Klimagerechtigkeit in Belgien ist auf der Straße sehr präsent: Ob Protestmärsche, Die-ins, Sit-ins oder Stand-ins – wir haben das alles schon gemacht. Und wir werden so etwas wieder auf die Beine stellen.
Unser Beitrag zum globalen Streik besteht in der Regel aus einem großen Protestmarsch. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder bringen wir europäische Aktivist:innen nach Brüssel, denn hier sind die europäischen Institutionen angesiedelt, oder wir mobilisieren gegen die Bundesregierung hier in Belgien und nehmen sie ins Visier.
Wir arbeiten dafür zusammen mit der Jugend für das Klima, den Student:innen für das Klima, den Wissenschaftler:innen für das Klima und verschiedenen anderen Gruppen, die zusammenkommen und sich verbinden wollen.
Im Grunde wollen wir, dass alle auf die Straße gehen. Manchmal gibt es ein Problem mit der Inklusion, das wir natürlich so gut wie möglich angehen wollen. Denn der Kampf gegen das Klima ist ein intersektioneller Kampf. Deshalb müssen alle mitmachen und jede Person sollte einbezogen werden.
Jada Kennedy ist aktiv bei Fridays for Future und der Gruppe Generation Green in Belgien.
Proteste gegen internationale Unternehmen in Japan
Am 25. März werden wir streiken und japanische Unternehmen sowie die japanische Regierung dazu aufrufen, ihre zerstörerischen „Entwicklungsprojekte“ im Globalen Süden zu beenden. In mehreren Städten, unter anderem in Tokio, besuchen wir das Unternehmen Sumitomo – ein Handelsriese mit Sitz in Japan – und die Japan International Trading Agency. Wir wollen sie davon überzeugen, den Bau von Kohlekraftwerken in Bangladesch zu beenden. Japan, eines der wohlhabendsten Länder der Erde, leitet dieses Projekt unter dem Vorwand internationaler Kooperation mit Bangladesch – eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder weltweit.
Wegen der Coronalage ist es momentan schwierig, Menschen für die Streiks zu mobilisieren. Aber das hält uns nicht davon ab zu streiken. Das ist wichtig! Es geht um eine bessere Welt, in der Menschen und nicht Profite an erster Stelle stehen. Internationale Unternehmen zerstören die Leben der Menschen im Globalen Süden. Die Menschen im Globalen Norden müssen sich mit ihnen solidarisieren und internationale Unternehmen davon abhalten, den Planeten weiter zu zerstören.
Kentaro Yamamoto ist Klimaaktivist in Japan.
Keine großen Demos aus Angst vor Verhaftung in Uganda
In unserem Land wird die Klimabewegung hauptsächlich von jungen Menschen getragen. Die Aktivist:innen nutzen vor allem die sozialen Medien. Sie hoffen darauf, mit Online-Kampagnen ein großes Publikum zu erreichen.
Wir veranstalten in Uganda aber keine großen Demonstrationen. Denn in der Vergangenheit wurden Klimaaktivist:innen in einigen Fällen von den Behörden verhaftet. Wir fürchten, dass das Leben von Aktivist:innen gefährdet werden könnte. Vor einigen Monaten ist zum Beispiel eine unserer Kolleginnen, Evelyn Acham, von den Behörden verhaftet worden, weil sie vor dem ugandischen Parlament einen Klimastreik ausgerufen hat.
Wir führen trotzdem eine Reihe von Aktionen durch. Sie orientieren sich an globalen Ereignissen, wie zum Beispiel dem Earth Day oder der Veröffentlichung des Berichts des IPCC, des Weltklimarats. Wir rufen zu verschiedenen Schritten auf, etwa Baumpflanzungen. Auch Klimabildung und die Stärkung der Rechte von jungen Frauen und Mädchen sind wichtige Themen für uns.
In diesem Jahr haben wir uns einen Klimamarsch durch die Schule und die Gemeinde vorgenommen. Wir wollen Aufmerksamkeit für die Klimakrise schaffen und darüber aufklären. Dazu gibt es Reden von verschiedenen Aktivist:innen, die ihre Erfahrungen im Klimaaktivismus mit den Menschen in ihrer Gemeinde teilen.
Edwin Namakanga ist Aktivist in Uganda und hat im November an der Klimakonferenz in Glasgow teilgenommen.
Konzentration auf den Hafen in Rotterdam
Hier in Rotterdam konzentrieren wir uns mit Extinction Rebellion auf fossile Brennstoffe. Denn hier liegt der größte Hafen in Europa – der für eine große Menge an Emissionen verantwortlich ist. Ein großer Teil davon geht auf fossile Brennstoffe zurück.
Für mich ist die Klimabewegung etwas, das meinem Leben einen immensen Sinn und Gemeinschaft verleiht. Natürlich ist es anstrengend – es ist schwierig, gegen etwas zu kämpfen, das manchmal so überwältigend ist. Das emotionale Trauma, das damit einhergeht, zu verarbeiten und zu verstehen, was mit der Welt passiert, was mit deiner Zukunft passiert, ist eine große Herausforderung. Aber die Bewegung gibt uns auch das Gefühl von Gemeinschaft in einer unglaublich individualistischen Gesellschaft.
In den Niederlanden sehen wir, wie hoch das Wasser um uns herum steht. Es gibt diese Vorstellung, dass die Niederländer sich immer vor dem steigenden Meeresspiegel schützen werden. Aber das ist nicht der Fall. Wir wissen, dass die Niederlande massiv gefährdet sind.
Tom Marshall ist bei Extinction Rebellion Niederlande.
Proteste Landgrabbing im Wahljahr in Brasilien
Ich protestiere und streike, um das Bewusstsein für das Klima zu schärfen. Dieses Jahr sind Wahlen in Brasilien. Wir werden auf die Straße gehen, um den Kandidat:innen für die Präsidentschaftswahlen zu zeigen was wir nicht wollen: Erstens wollen wir nicht, dass der Bergbau auf indigenem Land freigegeben wird. Wir wollen zweitens keine Flexibilisierung der Umweltgenehmigungen, das heißt keine Lockerung bei der Vergabe von Umweltlizenzen. Wir wollen drittens keine Regulierung des Landgrabbings, also den Raub von Land durch finanzstarke Akteure. Und wir wollen viertens kein Gift in unseren Lebensmitteln.
Also, was wollen wir stattdessen? Wir wollen, dass die Rechte der indigenen Bevölkerung, der Jugendlichen und der traditionellen Gemeinschaften geschützt werden. Wir wollen, dass die Umweltgesetze eingehalten werden und dass der Plan zur Beendigung der Abholzung funktioniert, und wir wollen, dass die Wälder erhalten bleiben. Denn wisst ihr was? Wenn der Amazonas stehen bleibt, dann deshalb, weil wir für ihn kämpfen.
Paloma Costa ist Klimaaktivistin in Brasilien.
Bäume pflanzen statt streiken in Kenia
Die Klimabewegung hier in Kenia ist nicht sehr groß. Aber wir versuchen trotzdem, immer wieder etwas auf die Beine zu stellen. Wir pflanzen zum Beispiel Bäume. Außerdem gehen wir in Schulen und Waisenhäuser und klären über den Klimawandel auf. Statt zu streiken, rufen wir unter anderem immer wieder zu Aufräumaktionen auf.
Was wir also während des globalen Streiks am 25. März hier in Kenia vorhaben, sind Aktionen in unterschiedlichen Regionen. Dazu gehört, dass Bäume gepflanzt werden. Einige Aktivist:innen der Klimabewegung werden Aufräumaktionen veranstalten und andere werden versuchen, Menschen über den Klimawandel aufzuklären.
Ein Grund, warum wir hier in Kenia keinen großen Streik organisieren, ist die Angst vor der Regierung. Die meisten Leute fürchten, bei einem Streik verhaftet zu werden. Für einen großen Streik brauchen Aktivist:innen eine Genehmigung. Sie zu bekommen, kann hier in Kenia sehr lange dauern. Selbst wenn man bei der Regierung um eine Genehmigung bittet, wird sie einem manchmal nicht erteilt.
Kevin Mtai ist Aktivist bei Fridays for Future in Kenia.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance