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Protestieren in Spanien

Der gesamte Mittelmeerraum leidet unter der Trockenheit. In Spanien zehrt der Obst- und Gemüseanbau große Mengen der Wasserreserven auf

Aus Madrid Reiner Wandler

Es herrscht in Spanien die schlimmste Trockenheit der letzten 25 Jahre. Trotz anhaltender Regenfällen in den vergangenen Wochen sind die Wasserreserven in 80 Prozent des Landes weit unter der durchschnittlichen Füllmenge in den letzten zehn Jahren. Besonders hart betroffen ist, neben der Mittelmeerküste, Zen­tral­spanien. Dort ist das Problem nicht nur der die Trockenheit, sondern die ständige Überführung von Wasser aus den beiden großen Stauseen Buen­día und Entrepeñas am Oberlauf des Flusses Tajo per Pipelines in die Obst- und Gemüseanbaugebiete an der Mittelmeerküste.

Unter dem Motto „Verteidigen wir den Garten Europas“ demonstrierten Anfang des Monats 50.000 Landwirte vor dem spanischen Landwirtschaftsministerium in Madrid. Sie waren mit Bussen aus Alicante, Murcia und Almeria angereist. Sie wollen noch mehr Wasser.

Versprechen

„Verheerend“ seien die Auswirkungen der Wasserüberführung aus dem Zentrum Spaniens ans Mittelmeer, heißt es in einer Studie der Universität in Kastilien-La Mancha, der Region in der die beiden Stauseen Buendía und En­tre­pe­ñas liegen. Die in den 1950er Jahren versprochene wirtschaftliche Entwicklung der Anrainer blieb aus. Die wenige touristische Infrastruktur, die an den Stauseen entstand, ist dank des Wassermangels längst Geschichte.

Allein vom Mai 2015 bis Mai 2017 wurden die Kanäle 23-mal geflutet, bis sich im vergangenen Sommer nur noch schlammiges Wasser in Buen­día und Entrepeñas befand. Die Regionalregierung in Kastilien-La Mancha klagte jedes Mal dagegen, doch die Richter lassen sich Zeit.

Die halbverlassenen Dörfer in der Region müssen mit Wasser aus Tanklastern versorgt werden. Die Verschmutzung des Flusses Tajo nimmt ständig zu. „Das Wasser ist eines der wichtigsten Probleme“, weiß auch der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy. Er redet viel von einem „Nationalen Wasserabkommen“, ohne jedoch konkret zu werden. In der Region Murcia gewinnt seine Partido Popular (PP) die Wahlen, in Kastilien-La Mancha regieren die Sozialisten zusammen mit der linksalternativen Podemos. Beim Wasser geht es auch um Wählerstimmen.

Während die Landwirte aus der Mittelmeerregion Richtung Norden schauen und fordern, dass der Fluss Ebro für sie angezapft wird, verlangen Umweltschutzorganisationen, dass die Bauern mit den eigenen Ressourcen auskommen. Vor allem in der Region Murcia gibt es auch unterirdische Ströme, die ins Meer fließen. Würden diese angezapft, hätte die Region gar Wasserüberschuss.

Es sei möglich, bereits in drei Jahren ohne Wasserüberführung aus Zen­tral­spanien auszukommen, rechnet Greenpeace vor. „Zuzugeben, dass es genug unterirdisches Wasser gibt, wäre ein Problem für diejenigen, die vom Geschäft mit der Trockenheit leben“, sagt die Umweltschutzorganisation und meint damit die Großunternehmen, die Entsalzungsanlagen an der Küste betreiben sowie Kanäle und Pipelines warten und bauen.

Spanien ist kein Einzelfall. Der gesamte Mittelmeerraum leidet unter der Trockenheit, ganz extrem Nordafrika. In Marokko macht die Landwirtschaft 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Viele Flächen, auf denen einst ohne Bewässerung Getreide angebaut wurde, produzieren heute Gemüse und Obst für die ständig zunehmende Stadtbevölkerung und für den europäischen Markt. Das bringt mehr Gewinne, braucht aber auch mehr Wasser. Selbst Unternehmen aus Südspanien haben ihre wasserintensive Erdbeerproduktion auf der anderen Seite des Mittelmeers ausgebaut.

Klimaforscher warnen. Die Niederschläge werden im Mittelmeerraum immer weiter zurückgehen, die Temperaturen steigen. Nordafrika und damit Marokko werden stärker betroffen sein, als andere Regionen. In Marokko, aber auch in Spanien, wird immer mehr Land zur Wüste. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Wasser und landwirtschaftlichen Produkten. Marokkos Bevölkerung hat sich seit der Unabhängigkeit 1956 mehr als verdreifacht.

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