Proteste nach Immigrantenmorden: Sechs Afrikaner von Mafia getötet

Im Süden Italiens löst die Ermordung von sechs afrikastämmigen Immigranten große Empörung aus. Die Polizei hatte die Opfer vorschnell als Drogendealer bezeichnet.

Der Tatort nach dem Mord in Castelvolturna. Bild: dpa

ROM taz Mit der Entsendung von 400 zusätzlichen Polizisten und sogar Armeeeinheiten will Italiens Regierung die Eskalation der kriminellen Gewalt in der süditalienischen Provinz Caserta stoppen. Auslöser der staatlichen Reaktion ist ein brutaler Mordanschlag, dem in der Kleinstadt Castel Volturno am Donnerstag Abend sechs Afrikaner zum Opfer fielen.

Die Tat ereignete sich vor der von schwarzafrikanischen Immigranten betriebenen Schneiderei "Ob Ob Exotic Fashions". Mit dutzenden Schüssen aus Schnellfeuerwaffen wurden die beiden Inhaber ebenso hingerichtet wie alle jene Schwarzen, die zufällig rund um den Tatort anwesend waren; ein Opfer saß vor der Schneiderei in seinem Wagen, als ihn die Kugeln trafen. Die Toten stammten aus Ghana, Togo und Liberia.

Fest stand nach der Tat nur, dass der Mord die Handschrift des "Clans der Casalesi" trug, der nördlich von Neapel den Ton angibt. Dennoch verkündeten die Ermittler sofort, offenbar habe die Camorra afrikanische Drogendealer bestrafen wollen. Die Biografien der Toten lieferten dafür aber nur geringe Anhaltspunkte. Neben den beiden Schneidern handelte es sich um einen Maurer, einen Radiotechniker, einen Fliesenleger; nur zwei der Opfer waren wegen Drogendelikten polizeibekannt.

Dass die Polizei die sechs Opfer sofort als Kriminelle hinstellte, löste erbitterte Reaktionen unter den afrikanischen Immigranten in der Provinz Caserta aus. Zu Tausenden arbeiten dort die meist "irregulären" Einwanderer unter erbärmlichen Bedingungen auf den Tomatenfeldern und Baustellen; nur eine kleine Minderheit von Nigerianern verdient dagegen gutes Geld: mit Drogen und Prostitution.

Einige hundert aufgebrachte Afrikaner errichteten am Freitagabend Straßensperren, stürzten Autos um, schlugen Schaufensterscheiben ein. Ihre Slogans lauteten: "Italien ist rassistisch", Italiener Bastarde". Mit ihrem Protest erreichten sie wenigstens eines: Die Medien nahmen sich endlich des Falls an. Und auch die Polizei gibt sich vorsichtiger. Vielleicht habe die Camorra bloß einen der sechs im Visier gehabt, vielleicht aber habe sie auch völlig willkürlich "den Schwarzen eine Lektion erteilen wollen".

Die jetzt in die Provinz Caserta entsandten zusätzlichen Polizisten sollen nun wenigstens den Anschein erwecken, auch der Staat habe ein Interesse daran, wirksame Kontrolle über das Territorium auszuüben. Zweifel aber sind angebracht. So behandelt die italienische Regierung jetzt bekannt gewordene Aussagen eines Kronzeugen gegen die Camorra als lästige Nebensache. Der Unternehmer Gaetano Vassallo hatte kundgetan, der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Nicola Cosentino sei ebenso ein Gewährsmann der Camorra wie der Abgeordnete und Koordinator der Berlusconi-Partei Forza Italia in Neapel, Luigi Cesaro.

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