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Proteste in SudanMachtprobe in Khartum

In Sudans Hauptstadt mobilisiert die Demokratiebewegung zum Protest gegen eine neue Militärdiktatur. Die Angst vor einem Gewalt-Ausbruch ist groß.

Proteste der Demokratiebewegung im Sudan am 21. Oktober Foto: Mahmoud Hjaj/AA/picture alliance

Berlin taz | In Sudans Hauptstadt Khartum sind am Donnerstag Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um für die zivile Übergangsregierung und gegen die wachsenden Machtansprüche des mitregierenden Militärs zu demonstrieren.

Gruppen der Demokratiebewegung hatten für den Jahrestag der „Revolution von 1964“, als schon einmal eine Militärregierung in Sudan gestürzt wurde, zum „Marsch der Millionen“ aufgerufen. Sie wollten damit ein Gegengewicht zu den Protestaktionen von Armeeanhängern bilden, die mit einem Sit-in und eigenen Märschen seit Tagen den Rücktritt der zivilen Regierung zugunsten des Militärs fordern.

„Bis jetzt ist alles friedlich“, berichtete am frühen Nachmittag eine Teilnehmerin des Demokratieprotests der taz. „Viele Leute sind unterwegs, schon seit heute morgen. Eigentlich sind in der Stadt nur Protestierende zu sehen: alle Altersklassen, viele junge Leute, viele Männer, aber auch viele Frauen und Oberschüler.“

Die Angst vor Gewalt ist allerdings groß, sollten die beiden Lager aufeinandertreffen. Dann könnte die Armee eingreifen und das als Vorwand für einen Putsch nutzen. Soldaten riegelten am Morgen die Straßen, die zum Oberkommando der Armee mitten in Khartum führen und wo tagelange Sitzblockaden im April 2019 den Sturz der damaligen Militärdiktatur erzwungen hatten, weiträumig ab. Mehrere internationale Fluglinien haben für Donnerstag und Freitag ihre Flüge nach Khartum gestrichen.

Von Generälen abgesetzt

Seit Militärdiktator Omar Hassan al-Bashir im April 2019 nach einem monatelangen Volksaufstand von den eigenen Generälen abgesetzt wurde, regiert in Sudan eine zivil-militärische Übergangsregierung. Ein „Souveränitätsrat“ unter Führung von General Abdelfattah al-Burhan kontrolliert die zivile Technokratenregierung unter Premierminister Abdalla Hamdok.

Teile des Militärs fordern seit einiger Zeit den Rücktritt Hamdoks. Sie wollen verhindern, dass sie turnusgemäß im kommenden Jahr den Vorsitz des Souveränitätsrates abgeben müssen, denn dies würde ihre Übermacht in Sudans Wirtschaft und ihren Schutz vor juristischer Verfolgung wegen der Verbrechen der Bashir-Diktatur gefährden.

Die Demokratiegruppen fordern jetzt im Gegenzug den sofortigen Rücktritt General Burhans zugunsten einer rein zivilen Übergangsregierung sowie die Überstellung des Exdiktators Bashir an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

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