■ Proteste in Frankreich nehmen zu: Austern und Champagner für Arbeitslose
Paris (AP/dpa) – Zehntausende von Arbeitslosen haben am Samstag in Frankreich mit landesweiten Demonstrationen ihren Forderungen nach einer Sonderzalung sowie der generellen Erhöhung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe Nachdruck verliehen. Zu den Forderungen gehörte diesmal auch die Einführung der 35-Stunden-Woche.
Premierminister Lionel Jospin, der bereits die Arbeitszeitverkürzung bis zum Jahr 2000 versprochen hat, will Mitte der Woche im Fernsehen zu den Forderungen Stellung beziehen. Die geforderten Erhöhungen will er aber frühestens 1999 vornehmen.
Schwerpunkt des Aktionstags war Paris. Dort beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 9.500 Menschen an einem Protestmarsch vom Platz der Republik zum Platz der Nation. Das sind doppelt so viele Demonstranten wie beim letzten Mal. Die Organisatoren sprachen von 20.000 Teilnehmern. Im Anschluß an die Kundgebung kam es vor einer seit Mittwoch besetzten Hochschule zu Krawallen, bei der eine Person verletzt wurde. 30 Menschen hielten über Nacht eine Filiale der staatlichen Stromversorgungsgesellschaft besetzt.
Rund 30 Arbeitslose erzwangen sich in einem Pariser Nobelrestaurant ein Gratisessen mit Austern und Champagner. Nach der Kundgebung drangen sie ins renommierte Restaurant „La Coupole“ ein, wo sie das Angebot eines Mahls in den Personalräumen ebenso verschmähten wie offerierte Sandwichs. Als mehrere Gäste empört, aber ohne zu zahlen, das Restaurant verließen, gab die Geschäftsführung schließlich nach und servierte Austern, Weißwein und Rinderfilet. Den Champagner stiftete eine Kundin.
Auch in Toulouse, Nantes, Bordeaux und anderen Städten gingen Zehntausende auf die Straße. Nach jüngsten Umfragen stehen 70 Prozent der Franzosen hinter den Protesten. Auch das Ansehen der Regierung ist bereits gesunken. Nur noch 51 Prozent der Bevölkerung bekundeten in ihre Zustimmung für Premierminister Jospin – sechs Prozentpunkte weniger als in der vergangenen Umfrage.
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