Proteste in Ägypten: Zurück auf den Tahrirplatz
Die Demonstranten kehren auf den Tahrirplatz in Kairo zurück. Sie fordern einen festen Zeitplan für die Wahlen und die Machtübergabe vom Militär an eine zivile Regierung.
KAIRO taz | Es dauert, bis der Protest in Gang kommt: Seit Wochen hatten AktivistInnen für den 9. September mobilisiert, doch am Freitagmorgen stehen nur einige hundert DemonstrantInnen auf dem Tahrirplatz in Kairo. Erst nach Mittag strömen die Menschen hinzu, einige Zehntausend sind es am frühen Nachmittag. "Viele sind erst nach dem Mittagsgebet gekommen, weil es dieses Mal kein Gebet auf dem Platz gegeben hat", sagt ein Aktivist.
Aus Angst vor Angriffen des Militärs hätten die Organisatoren auch keine Bühnen aufgebaut. Bis zum Vortag noch war es unklar, ob die Kundgebung überhaupt stattfinden kann. Seit das Militär am 1. August das Protestcamp auf dem Tahrirplatz geräumt hat, war der Platz von Soldaten umstellt. Erst Donnerstagabend räumte das Militär den Platz und sagte zu, es werde die Kundgebung am Freitag bis Mitternacht erlauben. Zeitgleich finden auch in anderen Städten Demonstrationen statt.
Die Hauptforderung ist ein fester Zeitplan für die Wahlen und die Machtübergabe vom Militär an eine zivile Regierung. Die Wahlen sind auf November verschoben worden, einen Termin oder Zeitplan gibt es aber weiterhin nicht. Aufgerufen haben verschiedene Gruppen der Jugend- und Protestbewegungen. Islamische Gruppen wie die Muslimbrüder haben sich nicht angeschlossen. Dafür sind mehrere tausend Ultras der Fußballclubs Zamalek und Ahly dabei: Sie haben sich zwei Tage zuvor heftige Kämpfe mit der Polizei geliefert, die sie wegen des Singens von Revolutionssongs im Stadion angegriffen hatte. Bis zum Nachmittag bleibt es auf dem Platz ruhig, die Zahl der Demonstranten wächst weiter an.
Am Donnerstag hatte die Regierung überraschend angekündigt, dass Ausländer künftig ein Visum bei einer Botschaft beantragen müssen. Fast alle Reisenden konnten dies bisher einfach bei der Ankunft am Flughafen erhalten. Laut der staatlichen Agentur Mena soll die Regelung voraussichtlich ab nächste Woche gelten. Pauschalurlauber sind ausgenommen. Die Änderung ruft Unverständnis hervor: "Wunderbare Idee, die Visa-Bedingungen zu verschärfen, wenn Ägypten darum kämpft, die Touristen zurückzugewinnen", meint etwa Hossam Bahghat auf Twitter. "Unser Militär hat wohl einen akuten Anfall von Fremdenfeindlichkeit."
Andere vermuten, dass sich die Maßnahme vor allem gegen Journalisten richtet oder im Zusammenhang mit den geplanten Wahlen steht, für die Ägypten bereits internationale Beobachter abgelehnt hat. In den vergangenen Monaten wurden bereits die Regeln für im Land lebende Ausländer verschärft. Eine Medienkampagne schürt seit April Misstrauen gegen Ausländer, die als "Spione" Unruhe verbreiten würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter