Proteste gegen Studiengang-Schließungen: Selbst GenossInnen protestieren
Während Bremer Studierende gegen den Wissenschaftsplan 2020 auf die Straße gehen, bekommt die SPD-Bildungssenatorin auch Gegenwind aus den eigenen Reihen.
BREMEN taz | Über 500 Studierende der Uni und der Hochschule haben gestern symbolträchtig gegen den Wissenschaftsplan 2020 von Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) demonstriert: Um 11.55 Uhr – fünf vor zwölf – setzten sich Uni-Studierende per Fahrrad und Hochschul-Studierende zu Fuß Richtung Hauptbahnhof in Bewegung, von wo aus sie gemeinsam zur Bürgerschaft zogen. Dort rissen sie eine zuvor aus Pappkartons errichtete „Bildungsmauer“ nieder – nicht ohne „Die Mauer muss weg“ zu skandieren.
Der Wissenschaftsplan 2020 soll den finanziellen und strukturellen Rahmen der Hochschullandschaft Bremens für die nächsten fünf Jahre vorgeben. Für Kritik sorgen hier vorgeschlagene Schließungen einzelner Studiengänge wie Journalistik oder Politikmanagement. Vor allem gegen das Aus des Fachbereichs Psychologie richtete sich der gestrige Protest; in Bremen sind rund 1.000 Studierende für das Fach eingeschrieben.
Auch die Psychotherapeutenkammer schloss sich dem Demonstrationszug an, und „der Bremer Verein Täter-Opfer-Ausgleich hat uns gesagt, er könnte seinen Betrieb ohne Psychologie-Studis nicht aufrecht erhalten“, sagte ein Vertreter des Asta. Das Fach werde bereits jetzt gezielt heruntergespart, berichtete eine Studierende: „Ganze Lehrmodule finden nicht statt, es gibt einfach zu wenig Lehrkräfte – das spricht für einen Ausbau und nicht für Schließung.“
Dem schließen sich mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG) ausgerechnet ParteigenossInnen der Bildungssenatorin an. Wilfried Bolles, ASG-Landesvorsitzender und seit über zehn Jahren Lehrbeauftragter für Pflegewissenschaften und Public Health an der Bremer Uni, hat im Namen der ASG vor einer Woche einen Brief an Quante-Brandt verfasst. Dort heißt es: „Wir lehnen ganz entschieden die Schließung des Bachelorstudiengangs Psychologie an der Universität Bremen ab. Wir fordern den eigenständigen Studiengang Psychologie zu erhalten und sachgerecht auszustatten.“
Ihm sei bewusst, so Bolles zur taz, „dass es da Probleme gibt.“ Seit Jahren gibt es nur noch befristete Professoren-Stellen, vier von sechs Lehrstühlen werden in Kürze aus Altersgründen frei. „Eine angemessene Ausstattung mit Zukunftsperspektive beinhaltet, die vakanten Professuren und die demnächst freiwerdenden unbefristet wieder zu besetzen“, heißt es im Schreiben der ASG.
Des Weiteren müsse nicht nur die Zusammenarbeit mit Fächern wie Informatik und Wirtschaft, sondern auch mit Pflegewissenschaften und Public Health „deutlich verbessert werden“. Angesichts der steigenden Zahl alter und dementer Menschen, so Bolles, seien psychosoziale Fachkenntnisse im Gesundheitswesen gefragter denn je. Fazit der ASG: „Wichtig ist deshalb nicht nur der Erhalt des Bachelorstudienganges Psychologie, sondern eine konzeptionell gut vorbereitete Weiterentwicklung. Die zurzeit überlegte Schließung wäre unter Beachtung der Interessen der Uni, der Studierenden und vor allem des Gesamtinteresses des Landes Bremen ein grundsätzlicher Fehler.“
Nein, eine Antwort auf den Brief habe er von Frau Quante-Brandt bisher nicht erhalten, sagt Bolles: „Nicht einmal eine Eingangsbestätigung.“ Und auch bei der Studierenden-Demo vor der Bürgerschaft hat sich die Bildungssenatorin nicht blicken lassen.
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