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Protest gegen US-NetzsperrengesetzDie dunklen Seiten des Internets

Aus Protest gegen das geplante US-Gesetz "Stop Online Piracy Act" sind mehrere prominente Websites offline. Sie schlossen sich der Aktion von Wikipedia an. Auch Google weist auf den Protest hin.

Eine Welt ohne freies Wissen: Der Protest auf Wikipedia. Bild: reuters

NEW YORK/BERLIN dpa | Im Netz wird gestreikt: Die englischsprachige Version des Online-Lexikons Wikipedia ist für einen Tag vom Netz gegangen. Die Macher der Enzyklopädie wollen damit gegen ein geplantes US-Gesetz protestieren, dass zum Schutz der Urheberrechte auch Netzsperren vorsieht. Kritiker argumentieren, dass damit eine Zensur-Infrastruktur geschaffen würde, die auch für andere Zwecke einsetzbar wäre.

Bei der Wikipedia wird statt der üblichen englischsprachigen Inhalte eine dunkle Seite mit einer Erklärung angezeigt. Auch einige andere Online-Dienste schlossen sich der Aktion an. Google platzierte unter seinem Suchfenster den Link zu einer Online-Petition gegen das Gesetz. Für Nutzer in den USA war das bekannte Google-Logo mit einem schwarzen Viereck verdeckt. Ganz vom Netz ging auch das populäre Netzwelt-Blog "Boing Boing". Die Homepage der Blog-Plattform WordPress war gepflastert mit schwarzen Blöcken mit der Aufschrift "zensiert". In Deutschland blieb der Webauftritt der Grünen auch schwarz.

Die Kritiker werfen den Gesetzesinitiativen mit den Bezeichnungen SOPA (Stop Online Piracy Act) im Repräsentantenhaus und PIPA (Protect IP Act) im Senat vor, einer Zensur des Netzes den Weg zu bereiten und dessen offene Struktur zu unterdrücken.

Kritik aus dem Weißen Haus

Stein des Anstoßes ist die Möglichkeit, den Zugang zu ausländischen Webseiten zu sperren, die Raubkopien anbieten. Mit der geplanten Infrastruktur zur Blockade von Websites könne das Netz auch ohne Bezug auf Urheberrechtsverletzungen zensiert werden, fürchten die SOPA-Kritiker. Kritisiert wurden die Gesetzesinitiativen auch von der US-Regierung unter Präsident Barack Obama, der im Repräsentantenhaus aber keine Mehrheit mehr hinter sich hat.

Der Autor des SOPA-Gesetzes, der republikanische Abgeordnete Lamar Smith, setzte demonstrativ wenige Stunden vor der Protestaktion die nächste Sitzung des von ihm angeführten Justizausschusses zu dem Thema für Februar an. Smith hatte unter dem Druck der Kritik Kompromissbereitschaft bei den Netzsperren signalisiert, das Gesetz ist aber noch lange nicht vom Tisch.

Mit dem 24-stündigen Blackout erreichen die seit Wochen andauernden Proteste von Netzaktivisten und Internet-Wirtschaft ihren Höhepunkt. Auch Branchen-Schwergewichte wie Google oder Facebook hatten sich offen auf die Seite der Kritiker gestellt. Dagegen unterstütz etwa der amerikanische Filmverband MPAA die Gesetzespläne. Medienmogul Rupert Murdoch wetterte über den Kurznachrichtendienst Twitter, Google sei selbst "führend bei Piraterie" und die Sperrung von Inhalten jetzt schon ein gängiges Mittel, das keine Zensur nach sich ziehe.

Der Gesetzentwurf für SOPA (Stop Online Piracy Act) wurde am 26. Oktober 2011 vorgelegt. Der Senat, die zweite Kongresskammer, stimmt am 24. Januar zunächst über Verfahrensfragen bei der Behandlung eines ähnlichen Gesetzesvorhabens ab: PIPA (Protect IP Act) soll ebenfalls Maßnahmen gegen Web-Anbieter im Ausland ermöglichen, die das geistige Eigentum (intellectual property, IP) verletzen. Eingebracht wurde PIPA vom demokratischen Senator Patrick Leahy in Vermont. Das Weiße Haus hat sich kritisch zu beiden Initiativen geäußert.

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10 Kommentare

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  • D
    deviant

    @rene

    Wer redet denn von Bannern?

    Da sind wohl Sie derjenige, der die Augen nicht aufbekommen hat und lieber ignorant daherplappert.

     

    Tatsache ist, dass die englische Wikipedia genau dieselbe war wie gestern und wie sie es morgen sein wird, mit zwei Ausnahmen: Auf der Startseite gab es einen Hinweis auf die Schwärzung und über die gesamte Seite war eine schwarze Layer gelegt, die den Zugriff auf die Seite "verhindern" sollte und auf das Anliegen hinwies. Wer javascript blockt, hat also, wenn er die englische Wikipedia aufrief, rein gar nichts mitbekommen, wenn er nicht gerade die Startseite aufrief.

     

    Die deutsche Wikipedia hat offenbar ein Banner eingebunden, dazu kann ich aber nichts sagen, weil ich um die deutsche Seite einen Bogen mache.

     

     

    Das nächste Mal einfach nochmal nachdenken, bevor Sie auf den "senden"-Knopf klicken...

  • D
    deviant

    @rene

    Wer redet denn von Bannern?

    Da sind wohl Sie derjenige, der die Augen nicht aufbekommen hat und lieber ignorant daherplappert.

     

    Tatsache ist, dass die englische Wikipedia genau dieselbe war wie gestern und wie sie es morgen sein wird, mit zwei Ausnahmen: Auf der Startseite gab es einen Hinweis auf die Schwärzung und über die gesamte Seite war eine schwarze Layer gelegt, die den Zugriff auf die Seite "verhindern" sollte und auf das Anliegen hinwies. Wer javascript blockt, hat also, wenn er die englische Wikipedia aufrief, rein gar nichts mitbekommen, wenn er nicht gerade die Startseite aufrief.

     

    Die deutsche Wikipedia hat offenbar ein Banner eingebunden, dazu kann ich aber nichts sagen, weil ich um die deutsche Seite einen Bogen mache.

     

     

    Das nächste Mal einfach nochmal nachdenken, bevor Sie auf den "senden"-Knopf klicken...

  • R
    rene

    @deviant: dann solltest du mal deine Augen aufmachen und nicht so ignorant sein. Die deutschsprachige Wikipedia hat den Banner, die englischsprachige nicht.

  • D
    deviant

    Kein Wunder, dass der Autor dieses Artikels sich namentlich nicht zu erkennen gibt...

     

    "Die englischsprachige Version des Online-Lexikons Wikipedia ist für einen Tag vom Netz gegangen."

    Soso. Achja? Nein! Ist sie nicht!

    Sie ist weiterhin vollumfänglich nutzbar, mir ist zunächst gar nicht aufgefallen, dass sich etwas geändert hatte und war darüber überrascht, weil es ja ein Blackout geben sollte.

     

    Tatsächlich wird übrigens über die eigentliche Seite per Javascript eine zusätzliche Layer gelegt, wie das viele Werbeeinblendungen auch tun. Jeder, der Javascript blockt (eine durchaus sinnvolle Maßnahme), kriegt von der schwarzen Layer aber überhaupt nichts mit.

  • S
    Saugnapf

    Es ist eine Schande für die Menschheit daß dieses grenzüberflüssiges Pack der Unterhaltungsindustrie derart in die globale Informationsfreiheit eingreigt.

     

    Es gibt so viele echte Probleme (Umwelt, Energie, Krieg, Religion...) anzupacken und kaum etwas was so sinnlos ist wie das sog. "geistge Eigentum" der Volksverdummungs-Contentmafia.

  • SS
    Stefan S.

    Die Tragweite eines solchen Gesetzes ist vielen nicht bewusst:

     

    Nur ein Beispiel, ein neues innovatives Unternehmen aus Europa baut eine tolle Plattform.

     

    USA stellt fest irgendwas illegales wurde über die Webseite gezogen.

     

    -> Seite gesperrt, Seite aus Google -> Seite tot!

     

    Es ist dabei völlig unerheblich ob das Unternehmen zu 99,9% legalen Nutzen hat. Die kleinste Urheberverletzung KANN zu einem solchen Schritt führen!

     

    Was ich damit sagen will: ALLES wird restriktiv werden da KEINER das Risiko eingehen wird. Youtube ist so gut wie tot da schon ein Babyvideo mit ein paar Tonspuren "illegal" im Sinne dieser Leute sind.

     

    Klar, gegen das meiste würde man nicht vorgehen ABER wenn man gegen eine Plattform vorgehen WOLLTE, sei es aus Konkurrenzgründen oder irgendwas sonst wären dafür Tür und Angeln geöffnet.

     

    -> Niemand geht solche Risiken, Komment-Funktionen aus, wikilike Plattformen aus, youtube like Plattformen aus, etc. pp.

  • R
    RedHead

    Den Link zur Protestpetition bei Google sehe ich auch nicht.

     

    Wenn man einen Proxy-Server in den USA-verwendet, ist es aber sichtbar. D.h. man sieht es mit US-amerikanischer IP. Ist ja auch verständlich, an der Petition soll ja nicht die ganze Welt teilnehmen.

     

    Schade eigentlich, da es letztendlich die ganze Welt betrifft, die US-Gesetzgebung wird ja auch gerne mal als Vorbild für andere westlich-totalitäre "Demokratien" herangezogen.

  • L
    LennStar

    Warum so harmlos?

     

    Es geht nicht um Urheberrechte, es geht um die Verwertungsrechte einiger Konzerne, die mit den Kreationen von längst Verstorbenen noch weiter verdienen wollen (Mickey-Mouse-Gesetz irgendwer?). Es geht nicht "nur" um Blockaden, es geht um das Abwälzen der Zensur für die MPAA auf Werbetreibende, Zahlungsdienstleister u.a.

     

    Es geht darum, dass solche Mittel auch eingesetzt werden, wo nicht einmal ein Verstoß gegen das Copyright vorliegt - sowas ist bereits geschehen! Wenn dann nach 2 Jahren die Aktion für illegal erklärt wird, sind die betroffenen Seiten, egal ob startup oder größer, längst tot. Falls sie sich überhaupt die Prozesskosten leisten können.

     

    Warum schreibt ihr nicht, dass bei "die Sperrung von Inhalten jetzt schon ein gängiges Mittel," Länder wie China als Beispiel aufgeführt worden?

    http://www.publicknowledge.org/blog/it-worked-china-why-not-united-states

     

    Und die Presseerklärung der MPAA ist schlicht eine Frechheit. Das Werfen von Sch**** in die Gesichter derjenigen, die hier für ihre Menschenrechte eintreten. http://mpaa.org/resources/c4c3712a-7b9f-4be8-bd70-25527d5dfad8.pdf

  • R
    RedHead

    Die anderen am Protest beteiligten Seiten hab ich mir noch nicht angeschaut, aber bei der englischen Wikipedia kann ich sagen, man sieht den Protest erst, wenn man Java Script aktiviert. Ansonsten funktioniert die Seite ganz normal mit dem Hinweis "The English Wikipedia is currently locked for the SOPA/PIPA blackout". Für Leute, die auch nur ein Minimum Wert auf Sicherheit legen und deshalb per Script Blocker (z.B. Firefox-Erweiterung No Script) nur explizit die Scripte erlauben, die man haben will, kann es gut sein, dass sie von der ganzen Protestaktion überhaupt nichts mitbekommen, selbst wenn sie diese Seite nutzen. Im Vorfeld habe ich gedacht, die Wikipedia-Leute trauen sich ein bisschen mehr, schade. Trotzdem eine gute Aktion, ich denke, das wird immernoch sehr viele Leute erreichen.

  • S
    StefanP.

    Das Netz zeigt zunehmend mehr Protestpotential - seien es Social Networks, Hacker, Blogger oder nun freie Wissensdatenbänke. Es ist erstaunlich, dass vor allem die Bloggerszene und Social Networks-User es geschafft haben, in gewisser Weise einen virtuellen Stammtisch zu ermöglichen - siehe Tunesien. Die spannende Frage ist, ob Web 2.0-Aktionen auch große Projekte wie Wikipedia miteinschließen können. In Schwellenländer wie Südafrika sage ich ja: http://wp.me/pNjq9-3a7.