Protest gegen Rechtsextreme: Bunte Ballons gegen braun
Hunderte versammeln sich vor dem Rathaus Kreuzberg, um gegen den Parteitag der rechtspopulistischen Partei Pro Deutschland zu demonstrieren.
Bürgerprotest hat am Donnerstagnachmittag das Rathaus Kreuzberg übernommen. Mehrere hundert Menschen versammelten sich mit bunten Luftballons und Fahnen in der Yorckstraße. Im Foyer drängten sie sich um Infotische von türkischer Gemeinde, DKP und AWO. "Pro Mensch statt Pro Deutschland" stand auf einem Schild, statt der Bezirksflagge hing ein weißes Banner am Fahnenmast vor dem Rathaus: "Bunt statt braun, Friedrichshain-Kreuzberg gegen Rassismus". Daneben rappten Challa und Matondo "Gegen Nazis". Später tanzte eine ungarische Folkloretruppe.
Es war ein ganz und gar buntes Treiben von Vertretern zahlreicher Kiezvereine, die eines einte: ein Parteitreffen von Pro Deutschland am Abend verhindern. Die rechtspopulistische Partei hatte sich in den BVV-Saal geklagt, nachdem der Bezirk aufgrund von Belegungsengpässen eine Absage erteilt hatte.
Das Wahlprogramm wolle man diskutieren, hatte Pro-Deutschland-Spitzenkandidat Manfred Rouhs im Vorfeld angekündigt. 60 Teilnehmer würden erwartet. In den Vormonaten tagte die islamfeindliche Partei bereits in anderen Bezirksrathäusern - stets unter Protest.
"Wir haben keinen Bock, dass sich hier eine Partei einnistet, die Probleme über die ethnische Schiene lösen will", sagte Barbara, die für den Kiezklub FSV Hansa einen Stand betreibt. Birol Ucan von der Kreuzberger Omar-Moschee kritisierte die pauschale Islamablehnung von Pro Deutschland: "Es gibt nicht den Ausländer oder den Moslem. Wir sind auch Teil des Kiezes." Auch Bezirksbürgermeister Frank Schulz (Grüne) hatte früher Feierabend gemacht und sich unter die Protestler gemischt: "Heute zeigt sich wieder die lebendige Vielfalt des Bezirks und die verteidigen wir."
Mehr als 150 Verbände und Einzelpersonen hatten zum Gegenprotest aufgerufen. In dem interkulturellen Bezirk sei für Rassismus, Hetze und Nationalismus kein Platz, so ein Aufruf.
Die Polizei begleitete den Abend mit einem Großaufgebot und blieb zunächst im Hintergrund. Als um 18.30 Uhr rund 20 Parteimitglieder eintrafen, versperrten ihnen die Demonstranten den Zugang zum Rathaus. "Nazis raus", skandierten die Protestierer. Die Polizei versuchte die Rechtspopulisten durch die Menge zu schleusen - vergebens. Es kam zu Drängeleien, der Protest blieb aber gewaltfrei. Eine dreiviertel Stunde später gaben die "Pro Deutschland"-Anhänger auf - sie traten in Taxis den Heimweg an. Vorm Rathaus feierten die Vereine noch bis zum späten Abend weiter, umso ausgelassener.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren