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Protest gegen GentrifizierungWohnungsbau im Park

Mit einem selbst gebauten Turm im Görli protestieren Kreuzberger gegen die Gentrifizierung. Das Mahnmal soll bis zur Wahl stehen bleiben.

In Kreuzberg findet Florian keine bezahlbare Wohnung mehr. Am vergangenen Samstag setzte er sich deshalb einen Bauhelm auf, ging in den Görlitzer Park und nahm den Wohnungsbau selbst in die Hand: Mit 35 Bekannten zimmerte er einen sieben Meter hohen, illegalen Turm.

Noch steht der mitten im Park. Wie lange, das weiß Florian nicht, aber: "Der Wohnturm ist ein sichtbares Symbol gegen steigende Mieten", sagt Florian. Er sei gerade Vater geworden, "wir brauchen mehr Platz, aber ich kann es mir hier nicht mehr leisten". Florian und seine Freunde haben Angst, dass ihre Wohnungen bald Teil eines Hostels für Touristen werden. "Oder sie sanieren es auf Luxus und verkaufen den Quadratmeter bald für 12 Euro." Das sei nicht bezahlbar, als Alternative bliebe der Plattenbau in Marzahn. "Die wollen uns aus dem Kiez vertreiben."

Der Wohnturm wurde schnell hochgezogen, in einer "Guerilla-Aktion", wie es Florian nennt. Am Dienstag liegt noch immer ein roter Teppich am Parkeingang, der zum Turm führt. "Darauf haben uns die vom Restaurant Eckbert Zwo ein Festessen serviert. Ein Grammofon spielte, und dann kamen auch noch zwei Einsatzwagen mit zehn Polizisten."

Die Beamten beobachteten den Turmbau, ihre Erkenntnisse lasen sich später in einer Pressemitteilung so: "35 Demonstranten, unangemeldet und mit Baumeisterqualitäten."

Florian und seine Freunde fühlen sich seitdem überwacht: "Sie haben die Personalien aufgenommen, uns zu Hause besucht und drohen mit Anklagen wegen Landfriedensbruchs. Ich fühle mich kriminalisiert." Am Sonntag bekam Florian die Anordnung, den Turm zu verkleinern. "Sie haben gesagt, dass er zu sehr wackelt und wir könnten ja herunterfallen." Zwar sei der Turm nicht zum Wohnen, sondern zum Demonstrieren gedacht, aber bedrohlich gewackelt habe er tatsächlich, räumt Florian ein. Nach dem Rückbau blieb ein zwei Meter hoher Rumpf auf den Fundamenten des alten S-Bahn-Tunnels. "Bis zu den Wahlen wollen wir als Zeichen für sozialen Wohnungsbau durchhalten."

Sein Handy klingelt. Florian hebt ab, hört zu und nickt. Dann zeigt er mit dem Finger auf die andere Seite des Parks und erklärt: "Einer meiner Freunde spielt dort den Horchposten und ruft mich bei Gefahr an." Gerade säßen dort zwei Mitarbeiter vom Grünflächenamt, die das Treiben jetzt erst bemerkt hätten. Florian ist gespannt, was sie wohl unternehmen werden. "Ich werde jeden Tag einen Grillabend mit Musik machen, damit das hier so öffentlich wie möglich bleibt."

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12 Kommentare

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  • K
    klaus

    @ aururoa

     

    du brauchst glaube ich mal eine andere perspektive...

     

    so viel es auch am deutschen system und wesen herumzukritteln gibt - wir leben hier verglichen mit dem rest der welt wie die made im speck - und damit meine ich den gesamten rest der welt und nicht sambia oder bangladesh

     

    das gilt bis zum ärmsten schlucker, beweis des gegenteils gern willkommen

     

    und was solche menschheitsbeglücker wie der tolle empörte flori anrichten, wenn sie denn mal an die macht kommen kannst du dir ein paar kilometer östlich vom kiez ansehen

     

    da ists nicht mehr weit bis zur funktionärshornbrille im taubenblauen anzug mit der tollen möglichkeit gleich mal alle in den knast zu stecken, die anderer meinung sind

     

    mich würde ja mal interessieren welchen mehrwert diese ganzen empörten und system-jammerer bringen, um z.b. die armut zu verringern

     

    das ist dann schon wesentlich schwieriger, als sich die pöhse verschwörung der konzern-männer mit dem schawrzen zylinder herzuträumen

     

    die flori typen, die ich kenne (und das sind einige) hangeln sich von agenturprojekt zu agenturprojekt, obwohl sie auch ganz andere jobs machen könnten - aber das ist zu anstrengend, zu wenig kreativ und überhaupt bääh - da ist die systemkritik über dem latte doch viel mehr elite

     

    also lasst endlich dieses lächerliche jammern - ihr habt und seid genau das, was ihr aus euch macht. blöde situation, leider kein dritter schuld

     

    und alles oben gesagte heißt nicht, dass hier nicht einiges sehr im argen liegt - z.b. unregulierter finanzmarkt, schwachsinnige EU konstruktion etc.

     

    die aber auch nicht daran schuld sind, dass der flori nix auf die reihe kriegt

  • VG
    Verstoß gegen Versammlungsrecht

    Hey Klaus.

    Wäre es nicht erstmal besser zu hinterfragen, wer die Menschen dahinter sind, die das organisiert und durchgeführt haben? Nein? Dann tust Du mir mit Deinen Vorurteilen einfach leid...

    Wäre schön, wenn Du darüber mal nachdenken würdest.

     

    Adieu.

  • A
    aurorua

    Kompliment FLORIAN!!!

    In einem Land das unterstellt demokratisch zu sein und obendrein eine soziale Marktwirtschaft, jedoch Tag für Tag beweist, dass das Ganze bloß noch ein verkommener, verlogener, korrupter, unsozialer und insbesondere unmenschlicher Klüngel von Politikern, Beamten, Richtern, Banken Versicherungen, Konzernen, Kartellen, Reichen und Superreichen ist, wünschte ich mir 10 Millionen Florians die diesen Unmenschen demonstrativ zeigen, wir lassen uns nicht weiterhin zum Vorteil oben genannter und zum Nachteil derer die letztlich mit ihrer Arbeit (sofern sie denn noch eine haben) und ihren Steuern das System tragen, zum DEPPEN machen.

  • K
    klaus

    super, dann soll der empörte Flori doch mal sagen wer IN PERSONA ihm die wunschwohnung in der wunschgröße im wunschkiez bezahlen soll - er ja wohl sicher nicht

     

    und weil der Flori wahrscheinlich auch keine steuern zahlt ist er natürlich auch gegen steuersenkungen - und das liest sich dann statistisch so, dass die mehrheit der deutschen gegen steuersenkungen ist

     

    und weil diese unsolidarische kalte asoziale gesellschaft dem flori den wunsch nach traumwohnung im traumkiez mit gaaaanz viel zeit für die familie und bedingungslosem menschenwürdigen grundeinkommen (da muss natürlich für urlaub, alkohol, zigaretten, auto, kino usw. genug dabei sein) nicht so ganz erfüllt ist der flori jetzt ganz empört und macht auf aktion.

     

    wenn die durchschnittliche arbeitende bevölkerung (ja, die arbeiterklasse...) mal weniger bild, sondern taz lesen würde dann hätten wir bald ganz andere aufstände als sich das die linken wünschen.

     

    da muss doch jedem handwerker die kalte galle hochkommen, wenn diese wohlstandsverwahrlosten bürgerkinder die allgemeinheit ausnehmen wollen, um ihr spielbiotop zu erhalten. und das heißt dann solidarisch...

     

    Flori: wenn du eine schöne billige große wohnung haben möchtest, dann geh dahin wo es welche gibt und komm mal endlich mit deinem leben klar. die bereitschaft typen wie dich durchzufüttern nimmt ab.

  • B
    bEn

    die Sache mit dem Turm als Mahnmal find ich ne Gute Sache. Den Grillabend mit Musik könnt ihr euch aber gerne sparen - ich wohne nämlich am Park und muss leider Feststellen das die Lärmbelästigung nachts immer länger dauert und immer lauter wird.

  • H
    Hilde

    @ KLAUS

     

    wenn du soviel Zeit hast, um hier so einseitige Sichtweisen kundzutun, dann scheinst du ja auch noch genug Freizeit zu haben. Laber Rhabarber. Die Aktion mit dem Turm war super. Mach das mal nach. Dann kriegste vielleicht auch nen eigenen Artikel in der taz. Und überhaupt: Kennst du Florian persönlich oder hast du nur ein Opfer für deinen verbitterten Wortschwall gesucht?

  • G
    Grünklee

    Nicht nur, wer ab und zu die taz liest, weiß, dass die u.a. in Kreuzberg steigenden Mieten ein strukturelles Problem sind. Und kein Einzelproblem einzelner Personen.

     

    Die ausufernden Mieterhöhungen wurden durch die vollständige Ignoranz der PolitikerInnen gegenüber den ärmeren MitbürgerInnen verursacht.

     

    Die Aktion von Florians "Mahn-Wohnturm im Görlitzer Park" ist insofern sehr gut, weil sie öffentlich auf dieses nicht akzeptable existentielle Problem sehr vieler Menschen aufmerksam macht.

     

    Die PolitikerInnen müssen jetzt vor der Abgeordnetenhauswahl endlich mal tätig werden. Das Land Berlin muss die Wohnungsknappheit in der Innenstadt anerkennen. Siehe folgenden taz-Artikel:

     

    http://www.taz.de/MEDIASPREE-/!74375/

     

    "Rainer Wahls vom Stadtteilbüro Friedrichshain fordert vom Land Berlin die Anerkennung der Wohnungsknappheit in der Innenstadt. In diesem Fall würden sich die Preise bei Neuvermietungen an dem Mittelwert des Mietspiegels orientieren, sagt er. Nur dadurch ließen sich drastische Mieterhöhungen verhindern. "Die Kreativen werden mit den hohen Mietpreisen aus den Kiezen verdrängt, deren heutigen wertvollen Flair sie geschaffen haben", kritisiert Wahls. Außerdem würden Bezieher von Hartz IV zunehmend an die Randbereiche der Stadt gedrängt und aus ihren gewohnten sozialen Milieus herausgerissen. "So schafft man sich soziale Probleme am Stadtrand, wie man es auch schon aus anderen Großstädten kennt", sagt Wahls."

  • K
    klaus

    @ aururoa

     

    du brauchst glaube ich mal eine andere perspektive...

     

    so viel es auch am deutschen system und wesen herumzukritteln gibt - wir leben hier verglichen mit dem rest der welt wie die made im speck - und damit meine ich den gesamten rest der welt und nicht sambia oder bangladesh

     

    das gilt bis zum ärmsten schlucker, beweis des gegenteils gern willkommen

     

    und was solche menschheitsbeglücker wie der tolle empörte flori anrichten, wenn sie denn mal an die macht kommen kannst du dir ein paar kilometer östlich vom kiez ansehen

     

    da ists nicht mehr weit bis zur funktionärshornbrille im taubenblauen anzug mit der tollen möglichkeit gleich mal alle in den knast zu stecken, die anderer meinung sind

     

    mich würde ja mal interessieren welchen mehrwert diese ganzen empörten und system-jammerer bringen, um z.b. die armut zu verringern

     

    das ist dann schon wesentlich schwieriger, als sich die pöhse verschwörung der konzern-männer mit dem schawrzen zylinder herzuträumen

     

    die flori typen, die ich kenne (und das sind einige) hangeln sich von agenturprojekt zu agenturprojekt, obwohl sie auch ganz andere jobs machen könnten - aber das ist zu anstrengend, zu wenig kreativ und überhaupt bääh - da ist die systemkritik über dem latte doch viel mehr elite

     

    also lasst endlich dieses lächerliche jammern - ihr habt und seid genau das, was ihr aus euch macht. blöde situation, leider kein dritter schuld

     

    und alles oben gesagte heißt nicht, dass hier nicht einiges sehr im argen liegt - z.b. unregulierter finanzmarkt, schwachsinnige EU konstruktion etc.

     

    die aber auch nicht daran schuld sind, dass der flori nix auf die reihe kriegt

  • VG
    Verstoß gegen Versammlungsrecht

    Hey Klaus.

    Wäre es nicht erstmal besser zu hinterfragen, wer die Menschen dahinter sind, die das organisiert und durchgeführt haben? Nein? Dann tust Du mir mit Deinen Vorurteilen einfach leid...

    Wäre schön, wenn Du darüber mal nachdenken würdest.

     

    Adieu.

  • A
    aurorua

    Kompliment FLORIAN!!!

    In einem Land das unterstellt demokratisch zu sein und obendrein eine soziale Marktwirtschaft, jedoch Tag für Tag beweist, dass das Ganze bloß noch ein verkommener, verlogener, korrupter, unsozialer und insbesondere unmenschlicher Klüngel von Politikern, Beamten, Richtern, Banken Versicherungen, Konzernen, Kartellen, Reichen und Superreichen ist, wünschte ich mir 10 Millionen Florians die diesen Unmenschen demonstrativ zeigen, wir lassen uns nicht weiterhin zum Vorteil oben genannter und zum Nachteil derer die letztlich mit ihrer Arbeit (sofern sie denn noch eine haben) und ihren Steuern das System tragen, zum DEPPEN machen.

  • K
    klaus

    super, dann soll der empörte Flori doch mal sagen wer IN PERSONA ihm die wunschwohnung in der wunschgröße im wunschkiez bezahlen soll - er ja wohl sicher nicht

     

    und weil der Flori wahrscheinlich auch keine steuern zahlt ist er natürlich auch gegen steuersenkungen - und das liest sich dann statistisch so, dass die mehrheit der deutschen gegen steuersenkungen ist

     

    und weil diese unsolidarische kalte asoziale gesellschaft dem flori den wunsch nach traumwohnung im traumkiez mit gaaaanz viel zeit für die familie und bedingungslosem menschenwürdigen grundeinkommen (da muss natürlich für urlaub, alkohol, zigaretten, auto, kino usw. genug dabei sein) nicht so ganz erfüllt ist der flori jetzt ganz empört und macht auf aktion.

     

    wenn die durchschnittliche arbeitende bevölkerung (ja, die arbeiterklasse...) mal weniger bild, sondern taz lesen würde dann hätten wir bald ganz andere aufstände als sich das die linken wünschen.

     

    da muss doch jedem handwerker die kalte galle hochkommen, wenn diese wohlstandsverwahrlosten bürgerkinder die allgemeinheit ausnehmen wollen, um ihr spielbiotop zu erhalten. und das heißt dann solidarisch...

     

    Flori: wenn du eine schöne billige große wohnung haben möchtest, dann geh dahin wo es welche gibt und komm mal endlich mit deinem leben klar. die bereitschaft typen wie dich durchzufüttern nimmt ab.

  • B
    bEn

    die Sache mit dem Turm als Mahnmal find ich ne Gute Sache. Den Grillabend mit Musik könnt ihr euch aber gerne sparen - ich wohne nämlich am Park und muss leider Feststellen das die Lärmbelästigung nachts immer länger dauert und immer lauter wird.