Protest gegen EU-Sparpläne: Spaniens Anti-Merkel-Poet
Das Lied „Ojala“ galt einst dem kubanischen Revolutionsführer Castro. Der spanische Sänger Alejo Stivel hat es für Angela Merkel umgeschrieben.
MADRID taz | Nach dem Versuch, „uns mit einem Aufschrei, mit Aufopferung, mit Bitten und mit Schamgefühl Gehör zu verschaffen, bleibt uns nur noch die Poesie“, singt der spanisch-argentinische Sänger Alejo Stivel in seinem neuesten Musikclip. „Ojala“ – „Hoffentlich“ – heißt das Stück über eine enttäuschte Liebe, das 1969 der kubanische Liedermacher Silvio Rodríguez schrieb. Der Text richtete sich an den omnipräsenten Revolutionsführer Fidel Castro.
Stivel hat den Song jetzt erneut aufgenommen. Er singt zusammen mit Lehrern, Krankenhauspersonal, Immigranten, Rentnern und widmet seine Version der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Video macht die Runde durch die sozialen Netzwerke und schickt sich an, zur Hymne der Proteste gegen die Sparpolitik zu werden.
„Hoffentlich berühren die Blätter deinen Körper nicht, wenn sie fallen, so dass du sie nicht in Glas verwandeln kannst. Hoffentlich vergeht dein stetiger Blick, das genaue Wort, das perfekte Lächeln“, heißt es zu Bildern von Protesten der spanischen Empörten, Zwangsräumungen von Wohnungen, Hunger und Not und von gewaltsamen Polizeieinsätzen im Wechsel mit Aufnahmen einer lächelnden Merkel in Begleitung ihrer Kollegen von Sarkozy bis Rajoy.
Stivel wurde 1959 in Argentinien geboren und lebt seit Ende der 70er Jahre in Spanien. Er gehört zu den Stimmen der Movida, der Musik- und Kulturbewegung in der Jahren des Übergangs von der Franco-Diktatur zur Demokratie. Mit seiner Band Tequila schrieb er mit „Rock and Roll en la Plaza del Pueblo“ die Hymne jener ausgelassenen Jahre, die bis heute bei keinem Fest und keiner Party fehlen darf.
Mit seinem Lied an Kanzlerin Merkel will Stivel „den Leuten eine Stimme geben, denen es schlecht geht“. „Das sind fast alle bis auf die Banker“, erklärt er. Spanien „setzt unterwürfig die Anordnungen aus Deutschland um, doch die Situation lässt sich durch Sozialkürzungen nicht in den Griff bekommen“.
Am Ende des Videos ist Stivel zu sehen, wie er in Berlin aus dem Taxi steigt und zum Bundeskanzleramt geht. Merkel freilich empfängt ihn nicht. So hinterlegte Stivel seinen Wunsch und den der Krisenopfer beim Pförtner: „Hoffentlich passiert etwas, was dich plötzlich auslöscht, ein blendendes Licht, ein Schuss aus Schnee, hoffentlich nimmt mich der Tod mit, damit ich dich nicht so viel sehe, damit ich dich nicht ständig sehe …“
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