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Protest für Liebig 14Drohgebärden vor der Räumung

Linke Szene startet Mobilisierung gegen Räumung des Hausprojekts Liebig 14 in Friedrichshain. Schule in Nachbarschaft schließt am 2. Februar.

Friedrichshainer Szenario für den 2. Februar? Bild: reuters

Langsam braut sich was zusammen: Mit immer mehr angekündigten Protesten bereitet sich die linke Szene auf die Räumung des Friedrichshainer Hausprojekts Liebig 14 am 2. Februar vor.

Der Widerstandsreigen beginnt am heutigen Samstag um 17 Uhr mit einer Straßenparade vom Bersarinplatz, unweit der Liebig 14, durch Friedrichshain. Eine Woche später ist eine Großdemo vom Kottbusser Tor aus geplant. Parallel sollen ab sofort "autonome Aktionswochen" starten. Man wolle mit "vielfältigen Aktionen praktische Kritik an der Gewalt des bürgerlichen Staats üben", so ein Aufruf.

Am Räumungstag selbst soll bereits ab 8 Uhr, dem von der Polizei angekündigten Beginn des Einsatzes, protestiert werden. Man setze auf "dezentrale Aktionen" im gesamten Stadtgebiet, sagt Jakob, einer der Bewohner der Liebig 14. "Denn hier geht es nicht nur um ein Haus, sondern um einen ganzen Stadtumstrukturierungsprozess." Auch Gruppen aus anderen Städten und aus dem Ausland hätten ihr Kommen zugesagt. Am Abend soll gemeinsam durch Friedrichshain demonstriert werden. "Die Räumung wird teuer", heißt es auf einer Internetseite.

Das Berliner Klub-Bündnis Megaspree fordert von "Politik, Verwaltung und Exekutive" Zivilcourage, indem diese "sich der Räumung entgegenstellen bzw. verweigern". Das Hausprojekt Rigaer 94 spricht in einer Erklärung von einer "ultimativen Kampfansage". Die Antwort darauf werde "eindeutig" sein.

Dass am 2. Februar geräumt wird, scheint sicher. Der Liebig-Grundschule unweit der Liebig 14 wurde von der Polizei das Datum als Räumungstermin genannt. "Wir werden an dem Tag keine Veranstaltungen in der Schule haben", sagt Schulleiter Wolfgang Waldeyer. Zum Glück seien Ferien.

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11 Kommentare

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  • A
    Annabella

    Man hört immer nur: Autonome, Linksradikale, bunter Flecken in FHain- die Liebig 14 ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich studiere, im Master, bin verheiratet, mein Mann studiert auch im BA, wir haben einen Sohn und haben vor einem halben Jahr eine neue Wohnung gesucht, da in unserer überall immer wieder Schimmel war. Wir haben gesucht und gesucht und es irgendwann aufgegeben. Zum gleichn Preis in gleicher Größe findet man nichts mehr im Fhain. Nun überlegen wir nach Wedding oder Tempelhof zu ziehen. Unser Fhain ist es schon lange nicht mehr, überall wird saniert, teure Cafés entstehen und Klamottenläden, die sich unsereins nicht leisten kann. Wir sind nette Leute(glaube ich), arbeiten nebenbei und versuchen unserem Sohn das zu geben was er braucht. Wenn wir mehr Geld hätten würden wir vielleicht auch in einen neu sanierten Altbau ziehen, darum geht es aber auch nicht. Es geht um das Gleichgewicht zwischen bezahlbarem sozialem Wohnraum für Leute wie uns, die in der Ausbildung sind, die einfach nicht so viel verdienen oder oder und dann auch teurere Buden für Leute, dies eben haben. Die Balance stimmt aber schon lange nicht mehr und die Räumung der Liebig 14 unterstreicht dies nochmals schreiend.

    Ich weiß auch nicht, wer sich diese Townhouses ausgedacht hat. Sowas gehört doch nicht in eine Innenstadt. Meine Eltern haben auch ein protziges Einfamilienhaus, allerdings am Rande von Berlin. Da steht es gut. Mich nervt, dass immer nur von den Linksextremen gesprochen wird und alle nur autonom und gewalttätig sind. Ich kenne viele die so denken wie ich, die nicht aus diesem wenn man es so bezeichnen will "Milieu" stammen. Gerade an der Uni begegnet man immer wieder Leuten, die genau vor den selben Existenzfragen stehen wie wir. Gentrifizierung ist doch heute auch jedem jungen Akademiker ein Begriff, da es vor seiner Nase abläuft. Das Problem betrifft also nicht nur eine kleine Masse der Bevölkerung, die sich, wie die Medien es immer wieder schön darstellen, zu einem bestimmten politischem Spektrum zuordnen.

  • N
    nordkiez

    Als langjährige Anwohnerin wehre ich mich gern gegen die Gentrifizierung im Kiez und die teils krimenellen Machenschaften des Eigentümers, der dem Bezirk und den Mietern seit Jahren auf der Nase herumtanzt.

    Das juristische Urteil ist absurd, denn die u.a. zur Kündigung der Mietverträge führende "Zwischentür" gab es schon vor dem Hauskauf des jetzigen Eigentümers und diente - aufgrund der kollektiven Nutzung des Wohnraumes- als normale Wohnungstür. Bei z.b. zwei Bädern im Haus für alle Mieter doch durchaus verständlich. Auch möchte ich mit dem Vorurteil aufräumen, die Bewohner hätten keine Miete gezahlt.

    Das alternative Wohnprojekte durchaus friedlich bestehen können, zeigen zahlreiche andere Projekte, wo Eigentümer gesprächs- ud lösungsbereit waren oder sich Genossenschaften gegründet haben. Leben und Leben lassen.

    Die ursprünglichen Bewohner aber haben das sinkende Schiff längst verlassen, keiner der Bewohner wohnt da länger als 2 Jahre, von Gentrifizierung keine Spur.

    Im Gegenteil.

    Wehre mich gegen das Gebahren dieser Szene auf dem sogenannten Dorfplatz, das tägliche "revolutionäre" Rumgegröle, Flaschengeklirre, Hundegebell, bekomme ich die Agressivität den vermeintlichen "Spießern" gegenüber mich aus meinem Kiez "doch verpissen zu sollen". Das lass ich mir ungern von frisch eingetroffenen Revolutionskids sagen, die hier den Aufstand proben, den sie sich bei Mutti nicht getraut hätten.

    Gern buntes alternatives Leben zu bezahlbaren Mieten, dafür sollte Berlin stehen, gern dem Eigentümer die Häuser abkaufen, und gern dieses Grauen bitte friedlich beenden. Der Nordkiez dankt.

  • SR
    stefan rpunkt

    Ich stelle mich voll und ganz hinter die Interessen der Bewohner der Liebig14 und deren angeschlossene Wohnprojekte! Schmierige Investoren verdrängen seit Jahren kulturelle und krative Flecke aus den Kiezen. Die Liebig14 ist eine bunte Oase im sonst tristen Friedrichshain!

    Es ist/war angenehm und interessant, im Sommer die abendlichen spontanen Kleinkonzerte zu genießen und die entspannte Stimmung aufzunehmen. Das zeichnet doch einen Kiez aus! Das ist Lebensqualität ner "normalen Bürgerschicht"! Wir wollen nicht irgendwelche Juppies die sich in ihren Eigentumswohnungen verkriechen und ein auf elitär machen! Es wäre eine Schande wenn die bunten Flecke im Friedrichshain nach und nach verschwinden! Berlin braucht Farbe und kreatives Chaos - keine unbeliebten Juppies!!

  • J
    JimmyK

    Ich wohne seit eineinhalb Jahren gegenüber der Rigaer 94 und kann in den beiden Häusern leider immer noch keine kulturelle, und daher schützenswerte Einrichtung sehen. Die Bewohner bewerfen uns, die in den sanierten Häusern wohnen, mit Farbbomben, zerstören Klingelanlagen oder zerschlagen Fensterscheiben (auch die von einem Kindergarten). Die Nachbarin im 5. Stock wurde sogar mit einem Luftgewehr beschossen. Dass aber in den Vorderhäusern auch nur normale Menschen wohnen,meistens sogar Berliner oder aus dem Umland, im gegensatz zu den Hausbesetzern die zum größten Teil aus dem EU-Ausland kommen, bedenken diese Gutmenschen und Kämpfer der Arbeiterklasse keineswegs.

    Ein weiterer Punkt meiner Missgunst ist der, dass die geliebten Nachbarn einmal pro Woche kostenlose Lebensmittellieferungen von der Berliner Tafel e. V. frei Haus geliefert bekommen, gleichzeitig aber Premium-Bier wie Pilsner Urquell o Budweiser konsumieren (dienstags kommt der von den Besetzern organiserte Getränkelieferdienst). Im Sommer sieht es jeden Montag auf der Straße vor der Liebig 14 aus, als ob die Silvester von 2000-2015 auf einen Tag gefallen wären. Die BSR räumt natürlich alles immer brav und artig auf.

    Was mich aber immer am meisten schockiert, ist die Aggressivität und der Hass, der einigen dieser sog. "Autonomen" inne wohnt und den sie bei ihren Demos heraus schreien. Wirklich erschreckend. Kultur fühlt sich bei mir jedefalls anders an.

  • E
    Eddi

    @nils

    Zum Thema "Schule ist geschlossen - warum wird dramatisiert" kann ich nur sagen: Da hat jemand keine Ahnung wovon er redet. Die Schule wird extra für diesen Tag geschlossen, denn auch in den Ferien gehen Kinder normalerweise in den Hort.

    Es gibt tatsächlich nämlich Eltern, die die 12 Wochen Ferien nicht mit ihrem Urlaub abdecken können.

    Ausserdem befindet sich gegenüber von der Liebig 14 auch eine KITA, die keine Ferien hat.

    Trotzdem werden sich die Eltern frei nehmen MÜSSEN, wenn sie ihre Kinder vor dem bevorstehenden Wahnsinn schützen wollen.

    Ich hoffe nur, dass diese Einrichtungen nach dem 02.Februar noch stehen werden.

  • N
    Nils

    Schule ist geschlossen, weil Ferien sind. Steht doch im Artikel. Warum so ein sinnloses Dramatisieren?

  • S
    Schweizer

    Wohnte bis vor kurzem in Zürich. Dort ist die Umwandlung von günstigen zu teuer sanierten Wohnungen und damit verbundener Vertreibung alter Mieter aus ihren Wohnungen auch Thema. Es gibt eine unglaubliche Renditegier der Eigentümer, die alles rausholen, was geht.

    Ich kenne die Verhältnisse in der Liebigstraße nicht und glaube auch, dass es Konflikte mit Anwohnern gibt und dennoch bin ich für den Erhalt des Hauses und des Wohnprojektes (trotz vermutlich politisch abweichender Vorstellungen).

  • E
    Ergo

    Ich wohne selbst seit 20 Jahren in Friedrichshain und die offene, systematische Vertreibung anders oder alternativ denkender und lebender Menschen ist erschreckend. Auch ohne den Blick auf den Geldbeutel der Betroffenen muss jedem klar sein, das hier der Wille der Mitbuerger, der Bewohner die lange Zeit dort wohnen, aus Ruecksicht auf Investoren die zum Grossteil weder aus Berlin noch aus Deutschland kommen, nur mit Blick auf oben erwaehnten Geldbeutel mit Fuessen getreten wird. Von wegen die Regierenden vertreten das Volk, die Regierenden treten das Volk, halten es bewusst klein, lassen es seine Ohnmacht spueren und tun alles um den kleinen Mann, der den groessten Teil des Volkes ausmacht, aus der Stadt zu vertreiben. Wenn das so weitergeht wird es in Zukunft noch deutlicher zu erkennende Ghettos fuer finanziell Schwache und anders Denkende geben.

  • SR
    Simon Reimers

    Seit 4 Jahren wohne ich nun schon in der Nachbarschaft der Liebig 14 und in dieser Zeit hat sich bei uns in Friedrichshain vieles verändert. Die kulturelle Wüste unserer Stahl-Glas-Beton-Gesellschaft rückt immer näher und im Haus nebenan hat sich die Miete für die Erdgeschosswohnung seitdem mehr als verdoppelt.

    Jetzt soll auch noch einer der letzten bunten Flecken alternativer Kultur chick sanierten Eigentumswohnungen weichen?

    Auch wenn ich nicht alle politischen Vorstellungen der Bewohner teile:

    Eine Räumung der Liebig ist ein Schlag gegen Friedrichshain und ein weiterer Schritt hin zu unbezahlbaren Mieten - Nein Danke!

  • B
    Benno

    Ein notwendiger Protest gegen die allgemeine Verdrängung im Bezirk am praktischen Beispiel.

  • FB
    Franz Beer

    Diese Hausbesetzungen von Menschen die keinen wohnraum haben,kommt ja nicht von ungefähr.In Städten wo mittlerweile Millionen QM Büroräume leerstehen,bzw Neugebaut werdenEs werden schöne Alte STadtviertel,Wohnungen,umgewandelt für die betuchtere Kundschaft,aber kein Preiswerter Wohnraum eben für die Bewohner der Städte zu bezahlbaren Preisen ensteht.Ist es Pflicht sich zu wehren,Spekulanten spekulieren,aber Bewohner bewohnen.Und das ist auch ihre Pflicht.Irgendwelche Städtebauplaner,Behörden genemigen vorzugsweise Büroräume etc in der City,nur hinderlich für Sie das da auch noch Menschen wohnen und wollen.Folglicherweise muß man den Staat mal mit der Nase daraustoßen das auch Bürger Wohnraum brauchen,Kommerz ist nicht alles .Mfg