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Prostitution in SchönebergNicht in den Schritt fassen

Eine Expertenrunde sucht nach Lösungen für die offensiven Prostituierten aus Osteuropa in Schöneberg. Doch bisher vermeldet nur die Hurenorganisation Hydra Erfolge.

An manchen Tagen stolzieren sie schon morgens um zehn Uhr in Highheels vor dem Sexkaufhaus LSD auf und ab. Anderntags tauchen sie im Dunkeln an der Ecke Potsdamer Straße / Kurfürstenstraße auf: Prostituierte aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Im Unterschied zu den alteingessenen Huren bieten die Osteuropäerinnen ihre Dienste ziemlich lautstark und direkt feil. Anwohner, Gewerbetreibende und Kitas sind deshalb in Aufruhr. Zugespitzt hat sich die Stimmung, als Anfang Oktober bekannt wurde, dass über dem Sexkaufhaus ein Großbordell entstehen soll. Am Dienstag beschäftigte sich nun eine Expertenrunde unter Leitung des Bezirksbürgemeister Ekkehard Band (SPD) mit den Problemen.

Hurenorganisationen, Streetworkerprojekte, Treber- und Drogenhilfe, Schutz- und Kriminalpolizei, alle Stadträtinnen und Stadträte, Quartiersmanagement und Innenverwaltung - wirklich alle Interessengruppen und Zuständigkeiten waren bei dem Treffen im Bezirksamt vertreten. Sogar die evangelische Kirche, in der Person des Pfarrers der Zwölf Apostel Gemeinde. Doch das Ergebnis fällt mehr als ernüchternd aus. "Das war qualifizierte Zeitverschwendung", fasste ein Teilnehmer seinen Eindruck zusammen. "Eine kleinere Runde wäre vielleicht ergiebiger gewesen".

Vielleicht. Denn das Problem lässt sich kaum lösen. Prostitution ist ein legales Geschäft und das Karree Potsdamer Straße Bülowstraße, Froben- und Kurfürstenstraße seit Jahrenzenten als Straßenstrich ausgewiesen. Dazu kommt, dass das Gebiet am U-Bahnhof Kürfürstenstraße baurechtlich nicht als Wohn-, sondern als Kerngebiet gilt. Auch wenn es das Bezirksamt mit dem Hinweis auf die unerträgliche Belastung für den Kiez versuchen will: Ein Bordell lässt sich dort nur schwer verbieten.

Sumasumarum war die Expertenrunde nicht mehr als ein großes Brainstorming, bei dem aber keine neuen Ideen produziert wurden. Vorschläge, wie die Totalsperrung der Frobenstraße, die Einrichtung eines Sperrbezirkes und mehr Kontrollen und Überwachung durch die Polizei wirkten, als seien sie der Mottenkiste der 90er-Jahre entlehnt. Damals hatten Anwohner und Gewerbetreibende gegen die zunehmende Prostitution von drogenabhängigen Frauen aufbegehrt.

Wirklich neu ist nur, was die autonome Hurenorganisation Hydra unternommen hat: Seit drei Wochen ist eine ihrer Streetworkerinnen mit einer Dolmetscherin für bulgarisch und ungarisch auf dem Straßenstrich unterwegs. Die beiden versuchen, Kontakte zu den Osteropäerinnen zu knüpfen. "Wir sind noch in der vertrauensbildenen Phase", erzählt die Hydra-Mitarbeiterin der taz. Bei den Frauen sei ein großes Interesse nach Möglichkeiten für die Gesundheitsvorsorge zu spüren.

"Wir verstehen unsere Arbeit nicht als Kontrolle", betont die Hydra-Vertreterin. Es sei auch nicht das Anliegen, die Frauen davon abzubringen sich auf der Straße zu prostituieren. Die Osteuropäerinnen seien wesentlich temperamentvoller als die deutschen Huren. Dass sie sehr laut seien, werde von Außenstehenden als Aggressivität gedeutet, sei aber nicht böse gemeint. In einem Punkt gibt sie den Kritkern aber recht: "Man rennt nicht hinter den Männern her und fasst ihnen in den Schritt", wenn man ein Geschäft anzubahne. Das versuche die Dometscherin den Frauen auch nahezubringen. Doch das Projekt steht auf wackligen Beinen. Die Finanzierung für die Dolmeterscherin ist nur bis Ende des Jahres gesichert.

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