piwik no script img

ProstituitionSperrbezirk für Tabuzonen

Der Bezirksbürgermeister Band hält einen Sperrbezirk in Nordschöneberg für möglich. So will er den Streit um ein Großbordell entschärfen. Sein Vorschlag ist jedoch rechtlich und politisch heftig umstritten.

Der Streit um ein Großbordell an der Potsdamer Straßen führt zu skurrilen Blüten. Bezirksbürgermeisters von Tempelhof-Schöneberg Ekkehard Band (SPD) will nun gar über die Einrichtung eines Sperrbezirks in Nordschöneberg nachdenken. In einem Interview mit der Berliner Morgenpost hatte Band angekündigt, angesichts der "massiven Probleme" mit der Prostitution sei die Einrichtung eines Sperrbezirks "kein Tabu-Thema" mehr. Sperrzonen für Prostituierte gibt es bisher nicht in Berlin.

Der Kiez rund um die Kreuzung Potsdamer Straße und Kurfüstenstraße ist seit Jahren als Rotlichtviertel bekannt. Ein an der Kreuzung geplantes Großbordell führt jetzt jedoch zu heftigen Debatten unter den Anwohnern. Für Regelungen im Bereich der Prostitution sind in Berlin bisher die Bezirke zuständig. Um einen Sperrbezirk einzurichten wäre jedoch eine Rechtsverordnung des Senats notwendig, die mit dem "Schutz der Jugend oder der Sitten" begründet werden muss. "Das ist aber gar nicht mehr so einfach, da Prostitution dem neuen Gesetz zufolge nicht mehr als sittenwidrig gilt", erklärt Nicola Rothermel, Sprecherin der Senatsinnenverwaltung. Es habe des öfteren vergeblich Versuche gegeben, Sperrgebiete einzurichten.

Auch politisch ist Bands Vorschlag umstritten - selbst im eigenen Bezirksamt. "Ein Sperrbezirk wäre überhaupt keine Antwort auf den Konflikt um die Potsdamer Straße", sagte die grüne Sozialstadträtin Sybill Klotz der taz. "Das löst das Problem nicht, sondern verlagert es nur an einen anderen Ort." Klotz plädiert für eine berlinweite Regelung zur Zulassung von Bordellen, um die Lage an der Potsdamer Straße zu entschärfen.

Stephanie Klee vom Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen fürchtet, dass ein Sperrbezirk "womöglich zu St.Pauli-ähnlichen Zuständen" führen würde. Bisher trage die Existenz kleiner Wohnungsbordelle und die Fehlen von Sperrbezirken dazu bei, dass die Prostitutionsszene in Berlin realtiv wenig kriminell sei. "Der Bezirk hat die Entwicklung im Gebiet der Potsdamer Straße zu spät erkannt und tut sich jetzt schwer, entsprechend zu reagieren", so Klee.

Ein erster Schritt dorthin könnte eine neue Arbeitsgruppe sein. Am 2. November setzen sich VertreterInnen aus den Bezirksämtern Tempelhof-Schöneberg und Mitte mit Prostituierten, Anwohnern, Geschäftsleuten und der Polizei zusammen, um im Streit um das geplante Großbordell eine Lösung zu finden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!