Propaganda-Comic der NPD-Jugend: Trau keinem Huhn

Die Jungen Nationaldemokraten verteilen in Sachsen einen nationalistischen Comic - mit der Fabel von guten heimischen Enten und einer bösen Hühner-Invasion.

Böse Hühner, arme Enten: Auszug aus dem Nationaldemokraten-Comic. Bild: junge nationaldemokraten

Die Hühner sind die fiesen Fremden, die ihnen Asyl gewährenden Enten die tölpeligen, aber herzensguten Einheimischen und die Gänse die aufrechten Gesellen. Eine klare Rollenverteilung also: Hühner gleichbedeutend für Ausländer, Enten für Deutsche und die Gänse für Über-Arier. So etwa steht es in der Einleitung des Comics "Enten gegen Hühner", Untertitel "Der große Kampf", "eine fabelhafte Geschichte von Intrige, Propaganda und Zerstörung".

Kampf? Propaganda? Läutet da etwas? Wahrscheinlich. Und noch wahrscheinlicher, dass genau dies von den Erfindern dieses Comics beabsichtigt wurde. Das sich der Inhalt dieses Heftchens jenseits der menschlichen Vernunft und dabei auch jenseits jeglichen Anspruchs liegt, erstaunt nicht, wird es doch von den Jungen Nationaldemokraten herausgegeben, also der Jugendorganisation der NPD, und im Landtagswahlkampf in Sachsen verteilt. Man will auch nach den Wahlen am Sonntag im Landtag bleiben.

Das Heftchen wäre vielleicht aufrührerisch, verhetzend oder gefährlich. Wäre es nicht so stinkend langweilig, so simpel und für die NPD einfach nur entlarvend in Bezug auf die Klischees, die diese Partei bedient. Die Hühner - also die Ausländer - faulenzen, während die Enten - also die Deutschen - hart schuften. Die Hühner denken nur an Geld, werden mit Säcken von Gold dargestellt. Und richtig dagegen auflehnen dürfen sich die Enten auch nicht, weil es ein Antidiskriminierungsgesetz gibt. Irgendwann wird, wie der Titel schon nahe legt, gekämpft - so richtig mit Helmen, Panzern und fliegenden Fäusten. Der finstere Schluss: Die armen Entchen müssen zermürbt auswandern, um überhaupt zu überleben oder zumindest ein entengerechtes Leben führen zu können. In der Fremde, komischerweise nehmen die Enten hier niemandem Land oder Stroh weg, können sie sich ein neues Paradies schaffen. Noch einmal, so die Moral der Geschichte, lassen sie die Hühner nicht in ihr schönes Reich, ähm, Land.

Der zur Fremdenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien neigende Leser wird beim Blättern vielleicht so etwas wie eine Geschichte aus diesem Wirrwarr von Bildern lesen, sich vielleicht selbst als mittel- und chancenlosen Erpel wiedererkennen. Alle anderen aber sehen nur eins: lauter hässliche Vögel. Gepiercte Enten, die arme Erpel mit Hut ausrauben, sich gerade einen Schuss Drogen in den Hals setzen oder kiffen. Anstatt aber die von Seite zu Seite zerrupfteren Tiere in Sprechblasen zu Wort kommen zu lassen, liegt die Wortgewalt dieses Comics nicht in den Sprechblasen. Nein, hier wird alles in Verse gepackt. In Anlehnung an die deutsche Ursage der Nibelungen vielleicht? Wobei Reime wie "Trau keinem Huhn auf sein Gewissen, denn von Hühnern wirst Du nur beschissen" so schnell wohl nicht ins allgemeine Kulturgut aufgenommen werden. Für Menschen, die Freude, Wut oder sonst eine Regung beim Lesen dieser Geschichte erkennen, gibt es am Ende des Heftchens noch ein wenig hirnlosen Schnickschnack zu kaufen, wie beispielsweise einen Anstecker, der die Todesstrafe für Kindermörder fordert, oder ein Handbuch für Patrioten und Aktivisten.

Muss man nun befürchten, dass die Kinder Sachsens durch den NPD-Comic auf brutal völkisch getrimmt werden? Wohl eher nicht. Jeder schwach bestückte Kiosk liefert für sie zigmal interessanteres Lesematerial als "Enten gegen Hühner". Optisch ansprechenderes noch dazu, und Enten kommen darin sogar auch vor.

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