: Prompte Reaktion
■ N O C O M M E N T
Gerade einmal einen Tag ist es her, daß in dieser Zeitung über eine Initiative der Grünen zur Einrichtung eines alternativen Sozialproduktskonzeptes, das auch die ökologischen Kosten der volkswirtschaftlichen Produktion berücksichtigt, berichtet wurde. Und schon gibt es erste Hoffungsstreifen am smogverhangenen Himmel. Egon Hölder, seines Zeichens Präsident des Statistischen Bundesamtes, ließ verlauten, daß gegenwärtig geprüft würde, wie Umweltschäden und Umweltschutzausgaben berechnet und zur Grundlage eines zukünftigen „Ökosozialproduktes“ gemacht werden können.
Die sich dabei stellenden Probleme sind nicht gering. Traditioneller Weise besitzt die Umwelt keinen Preis. Wie beispielsweise soll der Seelenschmerz der Deutschen angesichts des Dahinsiechens der Schwarzwaldtanne in Mark und Pfennig ausgedrückt werden? Reicht der entgangene Geldbetrag der nicht länger möglichen industriellen Nutzung des deutschen Forstes aus? Oder sollen vielleicht die Ausgaben zugrundegelegt werden, die durch die Massenflucht der Bundesdeutschen in weniger ökologisch zerstörte Regionen der Welt entstehen? Die Oberstatistiker der Nation schlagen einen anderen Weg vor. Ihnen zufolge hat man sich die Umwelt als einen Kapitalstock vorzustellen, der ständig an Wert verliert. Dieser Kapitalstock soll durch den Aufbau eines „Satellitensystems“ zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in Geld bewertbar gemacht werden.
Müssen sich die Ökologisten auf ein solches Sozialprodukt allerdings noch lange Zeit gedulden, so darf sich die weibliche Hälfte des Himmels schon heute darauf freuen, in den nächsten Jahren endlich auch einmal in der offiziellen Statistik zu erscheinen. Die Sozialproduktberechnung soll nämlich um die Hausarbeit bereichert werden. In Geldeinheiten ausgedrückt soll der Wert der Hausarbeit bis zu einer Billion Mark ausmachen. Um diese Schätzungen zu präzisieren, müßten zukünftig regelmäßig Haushaltsbefragungen durchgeführt werden. Erforderlich ist nämlich eine genaue Erfassung der in bundesdeutschen Haushalten anfallenden Arbeitszeiten und -schritte.
Jede Statistik hat ihren gesellschaftlichen Preis.Bei der statistischen Erfassung der Hausarbeit besteht er in der weiter forcierten Transparenz individueller Lebenssphären. Der ach so beklagte Fragenkatalog der Volkszählung wird sich zukünftig vermutlich noch als staatsdetektivistische Lappalie entpuppen. Der höchste Preis dürfte allerdings die immer weiter fortschreitende Ökonomisierung des gesellschaftlichen Lebens sein. Ob das wirklich der Weg zu einer femininen ökologischen Gesellschaft ist?
Kurt Hübner
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