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Prognosen für 2016Hunderttausende Flüchtlinge

Wie viele Flüchtlinge kommen dieses Jahr nach Deutschland? Eine Million, sagt das Innenministerium. Eine halbe Million, sagt das Bamf.

Die größten Fluchtbewegungen stehen noch bevor, sagt Entwicklungsminister Müller. Foto: dpa

Berlin rtr | Die deutschen Behörden rechnen nach Medienberichten auch in diesem Jahr mit der Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge in der Bundesrepublik.

Das Innenministerium gehe davon aus, dass sich 2016 rund eine Million Flüchtlinge aus der Türkei auf den Weg nach Europa machen könnten, berichtete der Spiegel am Wochenende. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stellt sich nach einem Zeitungsbericht auf 500.000 Flüchtlinge ein. Entwicklungshilfeminister Gerd Müller warnte in der Bild am Sonntag: „Erst zehn Prozent der in Syrien und Irak ausgelösten Fluchtwelle ist bei uns angekommen.“ Bis zu zehn Millionen Menschen seien noch unterwegs.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder, nannte laut Spiegel die Zahl von einer Million Flüchtlinge bei einem Treffen am Mittwoch in Brüssel. Demnach geht das Ressort von Thomas de Maizière davon aus, dass die Türkei höchstens 200.000 der Migranten zurückhalten und selbst unterbringen kann. Ein Ministeriumssprecher kommentierte den Bericht nicht.

Die Türkei soll nach den Vorstellungen von Kanzlerin Angela Merkel beim Kampf gegen die illegale Einwanderung eine zentrale Rolle spielen. Das Land soll im Gegenzug für das Zurückhalten von Flüchtlingen Milliardenhilfen und Visaerleichterungen bekommen. Merkel verteidigte ihren Ansatz auch am Wochenende bei einem CDU-Treffen in Mainz.

Entwicklungsminister Müller erklärte, die größten Fluchtbewegungen würden noch bevorstehen. „Afrikas Bevölkerung wird sich in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln“, sagte der CSU-Politiker. Abschottung sei keine Lösung. Es brauche eine völlig neue internationale Zusammenarbeit.

Nach einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung erklärte Bamf-Chef Weise auf einer Klausursitzung der Grünen-Bundestagsfraktion am Mittwoch, gerechnet werde mit einer halben Million Migranten in diesem Jahr. Es könnten aber auch mehr oder weniger Flüchtlinge sein. 2015 wurden bundesweit insgesamt 1,09 Millionen Migranten im Datensystem Easy registriert – so viele wie nie in der Geschichte der Bundesrepublik.

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5 Kommentare

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  • Kein Wort zu den Fluchtursachen in diesem Artikel??? Dann der Hinweis auf die steigenden Bevölkerung, während vom Landgrabbing keine Rede ist.... Sorry, das hat gestern die BILD-Zeitung sogar besser hinbekommen.

  • Wieviele Flüchtlinge in 2016 nach Deutschland kommen? Alles nur Spekulation!

    Wenn wirklich alle Politiker/innen so viel Empathie den Flüchtlingen entgegen bringen, wie sie immer betonen, dann sollten sie nicht nur zählen und spekulieren, sondern endlich anfangen die Ursachen von Krieg, Terror, Hunger und Elend und letztlich Vertreibung zu bekämpfen. Und die Medien, auch die taz, können viel, sehr viel dazu beitragen, dass dieser Kampf ohne Waffen endlich beginnt.

    Viele Grüße

  • Also in Lesbos Geschlechtskontrolle direkt am Strand und Männer werden direkt wieder ins Mittelmeer getrieben, notfalls mit Gewalt. Oder noch mehr Waffen in den nahen Osten liefern. Das reduziert die Anzahl der Männer ebenfalls und schafft gleichzeitig Arbeit bei uns.

    • @JoWall:

      Geschlechtskontrolle per (bekleideter) Ansicht, ja. Steht glaube ich auch im Pass, wenn man einen hat. Die paar Männer, die sich glaubhaft als Frau geben, können wir gerne aufnehmen, das geht im Rauschen unter und sie beweisen damit schon eine gewisse Gewitztheit und genau den unverkrampften Umgang mit Geschlechterrollen, der hier durchaus willkommen ist. Das werden zu wenige sein, um darüber Worte zu verlieren.

       

      Ansonsten: Ja, ihre Bedenken sind gerechtfertigt, aber bitte machen Sie doch bessere Vorschläge anstatt nur Ihr Gewissen weichzuspülen und das, was dann kommt, als Schicksal hinzunehmen.

       

      "Seine Hände in Unschuld waschen" nennt man das wohl und ich glaube langsam zu verstehen, dass das genau das ist, was in rechten Kreisen so gerne als "Gutmensch" verspottet wird.

       

      Aber wenn die Vernünftigen hier nicht bald das tun, was notwendig ist, dann werden es die Unvernünftigen tun und diese werden dann auch Dinge tun, die nicht notwendig sind.

  • Hmm, wenn man weiterhin alle aufnehmen will, kann man wohl nur abwarten und es ist herzlich egal, wer welche Zahlen nennt.

     

    Ich bin dafür, ab sofort nur noch (auch ohne Obergrenze) Frauen aufzunehmen, bis wir insgesamt bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1 angekommen sind und ab dann bei der Aufnahme eine Männer-/Frauenquote von 1:1 einzuhalten. Alles andere ist für alle Beteiligten unerträglich, denn es raubt den hier lebenden Flüchtlingen jede Chance auf privates Glück (Beziehungen, Ehe, Familie) und Integration und läßt in den Herkunftsländern jede Menge Frauen zurück, die dort allein oft genug Menschen dritter Klasse und bestenfalls hilflose Anhängsel ihrer Familie (soweit noch vorhanden/lebendig) sind. Beides ist zum Kotzen und verschlimmert das Problem sowohl dort als auch hier auf eine Weise, die meiner Meinung nach völlig unterschätzt wird.

     

    Es ist einfach zum Schreien, dass selbst den Grünen (die ja überall sonst lobenswerterweise auf Gleichstellung pochen) das völlig egal ist, während sie offenbar glauben, die ganzen jungen Männer würden einfach so brav in ihren Unterkünften sitzen bleiben und Bücher lesen. Hängt wahrscheinlich mit der Altersstruktur der Politiker zusammen, aber selbst denen sollte intellektuell klar sein, dass erzwungene Gruppen junger Männer ein Problem darstellen, gegen das die reinen Zahlen der Flüchtlinge ein kleines Detailproblem sind.

     

    Und damit meine ich beileibe nicht nur die biologischen Triebe, sondern die völlige Verweigerung von Chancen auf Glück und Integration. Hätten in Köln und anderswo lauter "südländische" Paare gefeiert, dann wäre das vielleicht ein Fest der Völkerverständigung geworden und nicht die bürgerkriegsartigen Zustände, die es dann wurden. Das ist immer und überall auf der Welt so, weil Menschen nunmal Menschen sind.