piwik no script img

Professor über Alkohol-Kater"Rollmops schadet nicht"

Mit dem Karneval kommt der Kater. Aber wie ihn überwinden? Medizin-Professor Singer über die psychische und körperliche Gewöhnung an Alkohol, Magengeschwüre und Durst.

Wie lässt sich der Kater vermeiden? Weniger durcheinander trinken. Bild: kallejipp / photocase.com
Interview von Maria Rossbauer

sonntaz: Herr Singer, Sie erforschen die Wirkung von Alkohol. Wann hatten Sie Ihren letzten Kater?

Manfred Singer: Oh, das ist schon eine Ewigkeit her, sicher über ein Jahrzehnt.

Wie schaffen Sie es, ihn zu vermeiden?

Bild: taz
Im Interview: 

Dieses Interview und viele andere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 11./12. Februar 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz

-------------------------------------------------------

Manfred Singer

66, ist emeritierter Professor für Innere Medizin. Er schrieb das Buch "Über die Kunst des rechten Alkoholgenusses: Eine kleine Kulturgeschichte des Alkohols". Lieblingsgetränk in der alkoholfreien Zeit: Bitterlimonade. Sonst: trockener Riesling.

Indem ich nicht so viel trinke. Vor allem trinke ich nicht verschiedene Getränke durcheinander. Also nicht erst Bier, dann Wein und dann noch Whisky. Dadurch kriegt man auch weniger Kater. Wissenschaftlich ist das nicht untersucht. Das sind mehr Erfahrungswerte.

Was ist ein Kater?

Ein Kater ist die Folge einer akuten Alkoholvergiftung. Zu ihm gehören eine ganze Menge von Symptomen: Durst, trockener Mund, Müdigkeit, Übelkeit. Menschen mit Kater sind licht- und geräuschempfindlicher, schwitzen vermehrt. Die Hände können zittern, der Pulsschlag ist erhöht. Man weiß aus Studien, dass beim Kater auch eine Art Angstzustand auftreten kann. Aber das größte Problem sind wohl die Kopfschmerzen.

Wie kommt es dazu?

Alkohol hemmt im Körper das sogenannte antidiuretische Hormon, ADH. Das Hormon sorgt eigentlich dafür, dass der Körper Wasser zurückbehält. Wird weniger ADH freigesetzt, gibt man mehr Wasser ab, und es kommt zu einer Dehydration. Die könnte für die Kopfschmerzen mitverantwortlich sein.

Ist der Kater also nur eine Entwässerung des Körpers?

Sie spielt mit Sicherheit eine wichtige Rolle. Definitiv bewiesen ist das auch nicht. Aber es gibt auch viele andere Substanzen, die für Kater sorgen können. In alkoholischen Getränken sind zum Beispiel Fuselöle und Methanol. Die verursachen auch die typischen Katersymptome, vor allen Dingen das Methanol. Also beim Kater ist nicht nur die Menge entscheidend, sondern auch die Qualität des Alkohols.

Was haben diese Kopfschmerzen denn mit dem Tier zu tun?

Gar nichts. Der Begriff Kater stammt wahrscheinlich aus dem griechischen Wort katarhein, also herunterfließen. Auch möglich ist, dass es vom lateinischen crapula für Katzenjammer abgeleitet wurde.

Und was hilft nun dagegen? Rollmops essen?

Wird sicherlich nicht schaden. Beim Trinken verliert man auch eine ganze Menge Salz über die Nieren. Im Rollmops ist Salz. Ich kann mir also vorstellen, dass das nicht schlecht ist.

Was ist mit Pfefferminzöl statt Aspirin am Morgen?

Dazu gibt es keine vernünftigen wissenschaftlichen Studien. Aber Aspirin verursacht Schleimhautschäden im Magen. Das sollte man in jedem Fall vermeiden.

Ein Konterbier?

Möglichst auch nicht. Man setzt dann die Alkoholvergiftung fort. Lieber viel Wasser oder Tee trinken. Etwas, was dem Magen bekommt. Der Magen hat ja durch den Alkohol ganz klar eine Entzündung. Sowohl die harten Alkoholika als auch Bier und Wein verursachen Magengeschwüre. Wichtig ist auch der Blutzucker. Der sinkt, wenn Sie viel Alkohol trinken. Das kann auch eine Ursache für den Kater sein.

Also eher süß frühstücken?

Eigentlich schon. Ob das aber dem Verkaterten bekommt, wenn ihm eh schon übel ist, bezweifle ich.

Den Kater spazieren führen?

Frische Luft ist sicherlich gut. Führt zu einem klaren Kopf.

Gibts denn irgendein Mittel, das wissenschaftlich geprüft gegen den Kater hilft? Haben Sie etwas gefunden?

Wir haben die Wirkung von alkoholischen Getränken auf die Magensäure und die Magenschleimhaut untersucht. Kaum etwas stimuliert die Magensäure stärker als Bier und Wein. Früher dachte man, das liegt am Alkohol. Doch im Bier und Wein sind etwa 2.000 Substanzen. Ethanol ist nur eine davon. Wir konnten nachweisen, das die starke Säurestimulation nicht vom Alkohol ausgeht, sondern von zwei Säuren: Äpfelsäure und Bernsteinsäure. Durch diese Stoffe kann es zu vermehrten Reflux der Magensäure in die Speiseröhre kommen, und dann haben Sie Sodbrennen.

Kann man diese Stoffe nicht weglassen?

Wir untersuchen gerade zusammen mit einem Berliner Forschungsinstitut ein Bier, das diese beiden Substanzen nicht enthält. Wir versuchen also ein Bier zu entwickeln, das magenfreundlich ist.

In der Fastenzeit legen viele Leute eine alkoholfreie Zeit ein, zur sogenannten Leberverjüngung.

Das bringt auf jeden Fall etwas. Wenn auch keine Verjüngung, so doch eine Erholung der geschundenen Leber. Dadurch wird die psychische und auch die körperliche Gewöhnung an Alkohol unterbrochen. Gut ist auch, zwei oder drei Tage in der Woche nichts zu trinken. Meine Frau und ich machen seit über dreißig Jahren in der Fastenzeit "sieben Wochen ohne". In der Osternacht veranstalten wir dann ein richtiges Fastenbrechen und trinken zusammen das erste Glas Wein. Dadurch weiß ich den Alkohol dann auch wieder mehr zu schätzen. Das ist wie mit allen Genüssen: Nur durch vorherige Askese kann man überhaupt den vollen Genuss erleben.

Warum macht uns Alkohol mit zunehmendem Alter immer mehr Probleme?

Das liegt daran, dass mit dem Alter der Anteil an Körperfett pro Kilogramm Körpergewicht zunimmt. Das heißt, im Verhältnis ist der Wassergehalt des Körpers geringer. Ethanol löst sich aber besser in Wasser auf als in Fett. So kriegt man im Alter beim Trinken einen höheren Blutalkoholspiegel. Man wird also schneller betrunken und kriegt dann auch leichter einen Kater. Der Körperfettanteil spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme des Alkohols. Frauen haben ein anderes Fett-Wasser-Verhältnis als Männer, deshalb vertragen sie weniger Alkohol.

Was kann ich denn dagegen tun?

Weniger Alkohol trinken.

Und wenn ich zum Alkohol etwas Fettiges esse?

Hilft nicht.

Sollte ich am besten gar keinen Alkohol trinken?

Nein, das auch nicht. Es gibt Studien, die zeigen, dass Alkohol positiv wirken kann. Wenn Männer etwa zwanzig Gramm reinen Alkohol am Tag trinken, das ist etwa ein halber Liter Bier oder ein Viertel Wein, bekommen sie seltener einen Herzinfarkt oder auch Hirninfarkt als Abstinenzler.

Wie kommt das?

Alkohol und andere Inhaltsstoffe im Bier und Wein verhindern die Anhäufung von Blutplättchen. Die sind für die Blutgerinnung zuständig, können aber auch Arterien verstopfen und so Infarkte auslösen. Das gilt aber nur für Menschen, die gesund sind, keine genetische Neigung zur Sucht haben oder irgendeine Art von Lebererkrankung.

Also, wie soll ich nun trinken?

Bei unter zwanzig Gramm Alkohol am Tag geht ein Mann laut Weltgesundheitsorganisation quasi kein gesundheitliches Risiko ein. Für Frauen gilt die Hälfte. Sobald er oder sie aber das Doppelte trinken, steigt das Risiko der Alkoholerkrankungen. Wie schon der große Heiler Paracelsus wusste: Die Dosis macht das Gift.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • P
    PeterWolf

    Die Norddeutschen Marineflieger haben eine Langzeitstudie über den Zusammenhang von Alkohol und der gleichzeitigen Gabe von Fett, Salz und Eiweiß unter dem Codenamen "Schlappschwanz" durchgeführt.

    Die Ergebnisse der Studie (gerüchteweise positiv) sind aber nie veröffentlicht worden.

    Ein Fall für die investigativen Journalisten der TAZ!

  • S
    Symm

    *rofl* An zwei oder drei Tagen die Woche nichts trinken ist ein ernstgemeinter Tipp?

    Ich dachte, dass sei eine Selbstverständlichkeit, wenn mensch nicht gerade Alkoholmissbrauch betreibt.

     

    Ich trinke ja echt gerne Wein, und wenn es mir dreckig geht auch mal einen Monat lang zuviel, aber ich bin mir wenigstens im klaren darüber, dass das nicht gesund und "normal" ist.

  • PD
    Peter D.

    Dürfte ich zu diesem Thema den Philosophen und Philanthropen Homer Simpson zitieren.

    " Trinken wir auf den Alkohol,- auf die Ursache und die Lösung all unserer Probleme. "

  • ES
    E. Sertel

    Alkohol ist eine Droge! Für Drogen sollte man nicht werben, wie es hier in diesem Artikel geschehen ist. Ich finde es nicht lustig, die total überholte Meinung zu vertreten, Alkohol sei Gesund, wenn in Maßen getrunken wird.

  • E
    emil

    bitte keine urban legends füttern! die bildunterschrift widerspricht doch deutlich dem, was der so interviewte berichtet. es handelt sich um einen persönlichen eindruck, den er da hat.

    wenn ich aber davon ausgehe und ja weiß, dass es keinerlei auswirkungen hat, wie ich was durcheinander trinke, dann tritt dieses placebo eben auch nicht auf.

    kopfsache nicht wahr.

    aber solange wir so tun, als wäre ein durcheinander schädlicher, solange werden wir uns wohl auch so fühlen.

    irrational total oder so.

  • M
    Mohammed

    Ich habe noch nie Alkohol getrunken, fehlt mir deshalb was? Ich würde es begrüßen wenn Deutschland vom Iran lernen würde und den Alkohol komplett verbannen würde und für Leute die Alkohol trinken die Todesstrafe einführen.

  • IN
    Ihr Nameaha

    bin ich hier bei der bild gelandet?

  • H
    Hoppeditz

    Meine Tipps:

    1. Rollmops hilft.

    Ich esse ihn, bevor ich zu Bett gehe. Dann wirkt das Salz früher.

    2. Dunkle Getränke vermeiden. Sind eher Kopfbrecher. Weiss nicht warum, ist meine Erfahrung.

    3. Wenn man schon viel trinken muss, gerne mal was essen zwischendurch, eher Leichtes. Trocken Brot oder Toast ist gut, weil es den Alkohol aufsaugt und er dann langsamer ins Blut geht.

    4. Wenn ich nen Kater hab, steh ich auf, nehm ne Kopfschmerztablette, und dann leg ich mich wieder hin für eine Stunde. Das hilft.

     

    M.E. geht die elektrische Spannung im Körper herab, manchmal braucht man Tage, um sich zu erholen. Elektrolytische Getränke sind gut, aber eher vor dem Alkoholgenuss. Direkt nach dem Aufwachen (mit Kater) NICHT trinken, der Kater verstärkt sich.

     

    Und zum gesunden Genuss empfehle ich ein Glas trockenen ROTWEIN pro Tag (Rebsorte Dornfelder/Rheinhessen, da weniger Säure - magenfreundlicher) und dazu eine Kräuterolive. Dieser nette Mix putzt die Aterien.

     

    LG, viel Spass, Helau, Alaaf und Tralala

     

    Hoppeditz

    (Ich hätt auch Professor werden sollen, lach)

  • P
    Psycho-Dad

    Oh mein Gott!

     

    Der Rat, dass von mäßigem Alkoholkonsum keine Gefahr ausgeht, es sogar gesundheitsförderlich sei, ist meines Wissens doch schon lange widerlegt! Da wurden aus Korrelatonsstudien Kausalschlüsse abgeleitet und hinterher Erklärungen gesucht. Der gemäßigte Alkoholkonsum scheint vielmehr zu einer "geselligen" Lebensform zu gehören, die ihrerseits die angesprochenen Krankheiten verhindern kann. Das wurde z.B. in Vergleichsstudien mit Amish gezeigt, die generell sehr gesellig sind, aber ohne Alkohol. Vor allem können nur die allerwenigsten ihren Konsum und ihr Risiko richtig einschätzen. Naja. Ein hoch auf die legale Droge Alkohol. Prost.

  • H
    Hoppeditz

    Na ja, konntet ihr keinen Professor befragen, der mal regelmässiger einen Kater hat?

     

    Meine Tipps:

    1. Rollmops hilft.

    Ich esse ihn, bevor ich zu Bett gehe. Dann wirkt das Salz früher.

    2. Dunkle Getränke vermeiden. Sind eher Kopfbrecher. Weiss nicht warum, ist meine Erfahrung.

    3. Wenn man schon viel trinken muss, gerne mal was essen zwischendurch, eher Leichtes. Trocken Brot oder Toast ist gut, weil es den Alkohol aufsaugt und er dann langsamer ins Blut geht.

    4. Wenn ich nen Kater hab, steh ich auf, nehm ne Kopfschmerztablette, und dann leg ich mich wieder hin für eine Stunde. Das hilft.

     

    M.E. geht die elektrische Spannung im Körper herab, manchmal braucht man Tage, um sich zu erholen. Elektrolytische Getränke sind gut, aber eher vor dem Alkoholgenuss. Direkt nach dem Aufwachen (mit Kater) NICHT trinken, der Kater verstärkt sich.

     

    Und zum gesunden Genuss empfehle ich ein Glas Rotwein pro Tag und dazu eine Kräuterolive. Dieser nette Mix putzt die Aterien.

     

    LG, viel Spass, Helau, Alaaf und Tralala

     

    Hoppeditz

    (Ich hätt Professor werden sollen, lach)