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Probleme im WissenschaftsjournalismusIm medialen Gleichklang

Das „Science Media Center“ soll Journalisten die Arbeit besser aufbereiten. Doch der Service könnte fragwürdige Nebenwirkungen zeitigen.

Was wird hier gebraut? Wissenschaft verstehen die wenigsten, umso wichtiger ist eine informierte Berichterstattung Foto: reuters

Es ist ein ehrenwertes Ziel, den Wissenschaftsjournalismus zu fördern. Praktische Anregungen bietet zum Beispiel das Projekt „Medien-Doktor“, angesiedelt am Journalistik-Institut der TU Dortmund. Hier stehen viele handwerkliche Tipps, darunter ein Katalog mit Kriterien für seriöse Berichterstattung über Themen aus dem weiten Feld der Medizin.

Angemahnt wird hier etwa, dass Journalisten nicht nur Nutzen, sondern stets auch mögliche Nebenwirkungen und ökonomische Aspekte eines neuen Behandlungsverfahrens beleuchten sollten. Dabei sollten auch unabhängige Experten zitiert und eventuelle Interessenkonflikte benannt werden.

„Keine gute journalistische Praxis“ sei es hingegen, „Material direkt aus einer Pressemitteilung zu übernehmen, ohne im Text darauf zu verweisen“. Um zu zeigen, ob und wie solche Kriterien im Alltag beherzigt werden, bewertet der „Medien-Doktor“ regelmäßig Zeitungsartikel. Als Gutachter fungieren mehr oder minder renommierte Journalisten.

Einer der Gutachter ist Volker Stollorz, der Redaktionsleiter von Science Media Center Germany (SMC). Dessen Service, akkreditierten Journalisten noch unter Sperrfrist stehende Fachaufsätze plus Einschätzungen von Experten zukommen zu lassen, soll laut Stollorz mit Öffentlichkeitsarbeit und PR nichts zu tun haben – sondern helfen, das Niveau der Berichterstattung zu steigern.

Agenda Setting von Nature und Co.

In der medialen, durch Zeit- und Kostendruck geprägten Praxis ist aber mit fragwürdigen Nebenwirkungen zu rechnen: Der SMC-Service mit kostenlos servierten Statements promotet die vom SMC ausgewählten Experten – den Antrieb von Redaktionen, zusätzlich zu recherchieren, dürfte das nicht beflügeln. Vielmehr befördert das Vorgehen die clevere PR-Politik von Journalen wie Nature und Science, deren Interesse es erkennbar ist, sich selbst sowie bestimmte Forschungen auf die Agenda der Medien zu setzen. Die – problematischen – Effekte solcher PR-Strategien sind in der Szene wohl bekannt.

Alexander Mäder, inzwischen Chefredakteur der Zeitschrift Bild der Wissenschaft, hat sie im November 2014 auf den Punkt gebracht; im Onlinemagazin meta, herausgegeben von der Wissenschafts-Pressekonferenz, schrieb Mäder: „Die Sperrfrist schafft eine künstliche Aktualität. Die Beiträge in den Tageszeitungen, Onlineportalen und im Hörfunk erscheinen alle gleichzeitig. Das erweckt den Eindruck, als sei in der Wissenschaft etwas Aufregendes geschehen, auch wenn der Heureka-Moment schon eine Weile zurückliegen mag.“

Mäder gab zu bedenken: „Der Gleichklang der Medien verstärkt den Impact der Studien auf die öffentliche Debatte.“An dieser Schraube wird das SMC mitdrehen – was Förderer aus Wissenschaft und Industrie sicher attraktiv finden. Redaktionen, die das SMC-Angebot nutzen, sollten den Lesern mitteilen, dass sie Statements zitieren, die das Science Media Center für sie bereitgestellt hat.

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2 Kommentare

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  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Da sollte die taz mal mit gutem Beispiel vorangehen und z.B. beim Thema Klimaschutz auch die "unabhaengigen Experten" zu Wort kommen lassen, und nicht nur drucken, was Rahmsdorf sagt.

  • Die Schlussfolgerung des Kommentars würde ich nicht ziehen. Die Resonanz auf meinen Aufruf ist so gering und der Fokus auf die hochrangigen Fachjournale so groß, dass man meiner Ansicht nach anders abwägen muss: Das SMC befördert diese Fokussierung geringfügig, aber es trägt in viel stärkerem Maße zu einem kritischen Umgang mit den Studien bei. (Alexander Mäder, bild der wissenschaft)