Probleme beim Castor-Transport: Schön gerechnet
2009 wird es keinen Atommülltransport aus Frankreich ins niedersächsische Gorleben geben. Der Grund: Die Zulassung für die neuen Castor-Transportbehälter verzögert sich.
Im kommenden Jahr wird kein Atommüll aus dem französischen La Hague in das Zwischenlager Gorleben transportiert. Das bestätigte ein Sprecher des Bundesministeriums für Umwelt am Dienstag auf Nachfrage der taz. Ursprünglich sollte 2009 der vorletzte Transport hochradioaktiven Mülls aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague stattfinden. Grund für die Stornierung seien Verzögerungen bei der Zulassung eines neuen Castor-Transportbehälters, teilte das Umweltministerium mit.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag verweigert die zuständige Prüfbehörde die Zulassung, weil die eingereichten Prüfunterlagen des Castor-Herstellers "zahlreiche Unzulänglichkeiten aufweisen". Das Bundesamt für Materialforschung (BAM) bemängelt laut SZ zudem, dass die Castor-Firma "frei gewählte Parameter" eingeführt habe, damit ihre praktischen und theoretischen Messergebnisse besser übereinstimmten.
"Bei den Berechnungen gibt es offene Fragen, die geklärt werden müssen", bestätigte eine Sprecherin des BAM der taz. Auch Michael Köbl, Sprecher des Castor-Herstellers, der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), sagte: "Es wird eine Verzögerung von einigen Monaten bei der Zulassung des neuen Castor-Transportbehälters geben." Insgesamt laufe das Zulassungsverfahren für den neuen Castor, der für heißere Atommülltransporte als bisher üblich ausgelegt sei, bereits seit fast fünf Jahren. 2009 werde es wegen der Verzögerung in Deutschland keinen Castor-Transport der GNS geben, die eine Tochter der Stromkonzerne Eon, RWE und EnBW ist.
Köbl räumte ebenfalls Unstimmigkeiten ein, die sich bei computersimulierten Crashtests des neuen Castors ergeben. Sie werden ergänzend zu praktischen Falltests durchgeführt, dabei werden verkleinerte Modelle im Maßstab 1:2 des Castor-Transportbehälters verwendet. Unklar ist nun, welche Ursache die Mängel der Computersimulation haben.
Atomkraftgegner werfen der GNS bewusste Manipulation vor: "Das Unternehmen hat die Sicherheit der Castor-Behälter schöngerechnet, indem sie einfach frei gewählte Parameter in Rechenmodelle eingeführt hat", sagte Jochen Stay von der Anti-Castor-Initiative "x-tausendmal quer". "Obwohl wir die Sicherheitsbeteuerungen der Atomindustrie von jeher skeptisch betrachten, stehen wir den tatsächlichen Verhältnissen fassungslos gegenüber", sagte Stay.
Der Castor-Bauer weist den Vorwurf zurück. "Wir haben dort Werte eingesetzt, für die es keine realen Messwerte gibt", sagte Köbl. So würden in Computersimulationen Werte berechnet, die man bei einem realen Falltest nicht messen könne - etwa die Reibung beim Aufprall eines Behälters auf den Boden. "Unsere eingereichte Dokumentation hat nicht erklärt, wie diese Werte festgelegt wurden", räumt Sprecher Köbl ein. Das werde man nachbessern, so dass er mit einer Zulassung des neuen Castor-Behälters im September 2008 rechne.
Weil die Beladung eines Castors etwa ein Jahr dauert, wird der nächste Castor-Transport aus Frankreich nun erst 2010 stattfinden. Bereits 1998 hat es einen Transportstopp für Castoren gegeben. Die Bundesregierung verhängt ihn damals, weil an der Außenhaut der Behälter 3.500 Mal mehr Radioaktivität gemessen wurde als zulässig war.
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