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PrimarschuleSPD überholt GAL links

Die SPD-Fraktion will das neue Schulgesetz ablehnen und stellt stattdessen einen Zusatzantrag, der konkrete Schritte zur "Schule für alle" einfordert. Das würde eine Abschaffung des Gymnasiums bedeuten. Bis zu fünf Genossen wollen dennoch mit GAL und CDU für die Primarschule stimmen.

Das Gymnasium könnte abgeschafft sein, bis dieser Junge die Grundschule hinter sich hat. Bild: dpa

Die heutige Abstimmung über das neue Schulgesetz wird turbulent. Auf Antrag der Fraktion Die Linke wird der Paragraf 14 einzeln abgestimmt, in dem es um die Einführung der Primarschule geht. "Die Linke wird diesem Punkt zustimmen, sich beim ganzen Gesetz aber enthalten", sagt Fraktionschefin Dora Heyenn.

Durch diese Choreografie der Abstimmung kommt es zum Schwur für jene sechs Abweichler in der SPD-Fraktion, die mit der Primarschule sympathisieren (taz berichtete). Um sie doch noch zu einer geschlossenen Abstimmung zu bewegen, baute die Fraktion am Montagabend eine goldene Brücke und beschloss einen Zusatzantrag, der es in sich hat. Darin lehnt die SPD die Primarschule ab, fordert aber, man möge die regionalen Bildungskonferenzen nutzen, um "ein Konzept mit konkreten Schritte zur Einrichtung einer Schule für alle zu entwickeln".

"Dieser Antrag wird gewiss abgelehnt", sagt der SPD-Abgeordnete Martin Schäfer. Er sei aber "eine ernste Mahnung für unsere Partei", auf dem Parteitag am 6. November Schritte zu einer "Schule für alle" zu entwickeln. Da der Antrag, zu Ende gedacht, die Abschaffung der Gymnasien bedeutet, dürfte er auch als Abgrenzung zur Volksinitiative der Primarschulgegner dienen.

Das neue Schulgesetz

Die wichtigsten Paragrafen sind:

§ 12 Integration: Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf erhalten das Recht, eine allgemeine Schule zu besuchen.

§14 Primarschule: Alle Kinder lernen von der 1. bis zur 6. Klasse gemeinsam. Ab Klasse 7 folgt die Aufteilung in Gymnasium und Stadtteilschule.

§ 42 Elternwahlrecht: Bisher kann ein Kind ohne Empfehlung in die 5. Klasse eines Gymnasiums, hat aber kein Recht dort zu bleiben. Künftig brauchen Kinder fürs Gymnasium eine entsprechende Prognose, bleiben dann dort. Kriterien werden per Verordnung geregelt.

§ 45 Sitzenbleiben wird abgeschafft. Von Klasse 1 bis 10 rücken alle Schüler auf. Fällt ein Schüler zurück, gibt es Fördermaßnahmen. Auf Antrag der Eltern kann eine Klasse wiederholt werden.

§ 86 Regionale Bildungskonferenzen werden dauerhafte Einrichtungen.

Schäfer will jetzt mit der SPD-Fraktion gegen das Schulgesetz stimmen. Doch nicht alle sechs SPD-Abweichler sind überzeugt. Von "bis zu fünf", heißt es, sie wollen für Paragraf 14 Stimmen: DGB-Chef Uwe Grund, Ver.di-Chef Wolfgang Rose, Ex-SPD-Chef Mathias Petersen und die Abgeordneten Thomas Böwer und Gerhard Lein.

In der CDU wird nicht mit Abweichlern gerechnet. Die Fraktion hatte noch durchgesetzt, dass alle 2007 bis 2009 eingeschulten Kinder nach der 3. Klasse für das "gewünschte Bildungsangebot" ihre Schule wechseln können, falls es etwa im sprachlichen Bereich Unterschiede zwischen den Primarschulen geben sollte. Ein Passus, der Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn "Bauchschmerzen bereitet". Sie befürchtet, dass diese Regelung sich verfestigen und zu einer sozialen Selektion bereits nach Klasse drei führen könne - zwischen solchen Kinder, die später auf die Stadtteilschule und solchen, die später aufs Gymnasium gehen.

Offenen Unmut äußerte nur die Altonaer CDU-Politikerin Karin Prien, weil CDU und GAL das Gesetz heute in erster und zweiter Lesung verabschieden wollen. "Dies ist das übliche Verfahren", wendet GAL-Schulpolitiker Michael Gwosdz ein. Verzögert und auf die nächste Sitzung des Parlaments verschoben werde die zweite Lesung in der Regel dann, wenn die Opposition das wünsche. Und das tut sie diesmal nicht.

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